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Komplett - DAS Sauerlandmagazin Ausgabe März/April 2017

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DIE ALTE SCHULE IN ELSEN<br />

Wo früher die Dorfjugend büffeln musste, ist heute Erika Gräwes Wohnzimmer<br />

von Martin Büdenbender<br />

10<br />

Unscheinbar wirkt das Haus mit der Nummer 4 in Elsen.<br />

Auch innen fällt nichts außergewöhnliches auf. Einfach<br />

nur gemütlich ist es in Erika Gräwes guter Stube. Aber<br />

rein gar nichts lässt darauf schließen, dass dieses Haus<br />

eine besondere Geschichte hat. Bis in die 20er-Jahre des<br />

vergangenen Jahrhunderts diente es fast hundert Jahre<br />

lang als Schule.<br />

Wer heute in das betuliche Elsen kommt, will nicht glauben,<br />

dass das kleine Örtchen einmal eine Schule besaß.<br />

Aber aus alten Dokumenten des Kirchenarchivs der<br />

Gemeinde Herscheid geht hervor, dass die Kirche den<br />

Schulten-Kotten in Elsen 1827 kaufte und dort eine Lehrerwohnung<br />

einrichtete. An diese wurde ein Schulzimmer<br />

angebaut, in dem Platz für 90 Schüler war. Im Jahr<br />

1828 wurde die Schule eingeweiht. Eine alte Fotografie<br />

aus dem Jahre 1908, die im Herscheider Heimatmuseum,<br />

dem Spieker, ausgestellt ist, zeigt dann auch 68<br />

fröhliche Kinder mit ihrem Lehrer vor dem Schulgebäude.<br />

Aus den umliegenden Dörfern und Höfen sind die<br />

Schüler damals nach Elsen zum Unterricht gekommen,<br />

bei Wind und Wetter, immer zu Fuß.<br />

Foto von 1908 zeigt 68 fröhliche Kinder<br />

vor der Schule<br />

Im Ort selber lebt heute niemand mehr, der aus eigener<br />

Anschauung über die alte Schule erzählen kann, oder<br />

dort gar selbst lesen und schreiben gelernt hat. Auch Erika<br />

Gräwe weiß alles nur aus Erzählungen ihrer Schwiegereltern.<br />

„Der Kleine vorne, in der ersten Reihe links,<br />

das ist mein Schwiegervater,“ zeigt sie schmunzelnd auf<br />

das alte Schulfoto. „Erich hieß er und muss damals gerade<br />

sieben Jahre alt gewesen sein.“ Erich Gräwe hatte<br />

von allen Klassenkameraden den kürzesten Schulweg.<br />

Seinen Eltern gehörte der kleine Bauernhof gleich nebenan.<br />

„Und direkt gegenüber, im Haus, in dem heute<br />

Familie Althoff wohnt, hatte zuletzt der Dorfschullehrer<br />

seine Wohnung“, erzählt Erika Gräwe. Sicher ist sie sich<br />

bei dieser Angabe nicht. „Ich habe die Zeit ja nicht erlebt<br />

und kam erst in den 50er Jahren hierher“. Der Liebe<br />

wegen, wie man so schön sagt. Zu ihrem Mann Manfred<br />

und ihren Schwiegereltern ist sie 1958 ins alte Schulhaus<br />

eingezogen. Da war aus der Schule längst ein gemütliches<br />

Wohnhaus geworden.<br />

„In den 20er-Jahren“, weiß Nachbar Reinhard Herfel,<br />

„wurde die Schule in Elsen geschlossen, nachdem in<br />

Hüinghausen eine neue Schule gebaut worden war. Meine<br />

Mutter hat hier noch Unterricht gehabt. Ich selbst“,<br />

erzählt der 90-Jährige, „bin jeden Tag nach Hüinghausen<br />

zum Unterricht gegangen.“ Sein erster Lehrer in Hüinghausen<br />

war Diedrich Dringenberg. Der war zugleich der<br />

letzte Lehrer, der in der alten Schule in Elsen unterrichtet<br />

hatte. Auf dem Schulfoto von 1908 ist er ganz rechts<br />

mit Melone zusehen. Damals war er gerade ein Jahr im<br />

Dienst.<br />

Nach der Schließung erst Kornspeicher<br />

dann Wohnhaus<br />

Nach ihrer Schließung diente die Schule Elsen etliche<br />

Jahre als Kornspeicher und Heuboden, bis Erich Gräwe<br />

das Gebäude nach dem Krieg erwarb und es mit seinem

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