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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Talent auf dem wüsten Gebiet der Filmkritik ein unerwartetes Paradigma auch für die Kritik der<br />

Literatur, die er überall dort berührt, wo er den Film von ihr abgrenzt [...]. Die Frage, ob der Film<br />

eine selbständige Kunst sei oder nicht, bei Balázs der Ausgangspunkt für Bemühungen, ihn zu einer<br />

zu machen, regt Fragen an, die allen Künsten gemeins<strong>am</strong> sind.“ 3<br />

Balázs’ Interpretationen des Kino, seine Theorien über die Physiognomie und den Pansymbolismus<br />

der Dinge weiterführend, betonte Musil die Beziehungen der Kunst - und des Films im Besonderen -<br />

zur Erfahrung eines „anderen Zustands“, und verwies d<strong>am</strong>it auf Freuds Psychoanalyse und<br />

Traumdeutung und auf Lévy-Bruhls ethnographisch-soziologische Theorien über das magische<br />

Denken.<br />

Verfolgt man Balázs’ Werdegang als Schriftsteller, so erschließen sich kontinuierliche Gestalten und<br />

Ideen, die er quer zu den Medien, Gattungen und Genres zu entwickeln versucht. Balázs sieht sich<br />

als Grenzgänger, als Wanderer, als Fragender. Sein Zugang zur Theorie bleibt assoziativ, dialogisch,<br />

essayistisch, in einem elementaren Sinne naiv.<br />

Er hält durch alle Wendungen seines Weges an der romantischen Figur eines Pansymbolismus fest,<br />

der Menschen und Dinge in Beziehungsformen verwandelt (und umgekehrt), in denen Transzendenz<br />

und Immanenz nicht voneinander geschieden sind. Diese Durchlässigkeit versucht er durch<br />

fortwährenden Bezug auf einen Grenzbereich zwischen Leben und Tod, einen Übergangs- und<br />

Schwebezustand zu sichern und zu erneuern, jenen „anderen Zustand“, in dem Künstler wie<br />

Rezipient „primäre Symbolbildung“ lustvoll erfahren sollen. D<strong>am</strong>it aber verweist Balázs’ literarische<br />

Produktion in toto auf Strukturen und symbolische Formen eines Komplexes von Ritualen, die<br />

Arnold van Gennep 4 unter dem Begriff der „rites des passage“, der „Übergangsriten“<br />

zus<strong>am</strong>mengefasst hat und die im Kern mit der Erfahrung der Initiation verbunden sind.<br />

Im Gang der Untersuchung erweist sich so der Ausgangspunkt von Balázs’ poetischen Versuchen,<br />

jene tief empfundene (mit den Worten Lukács’) „transzendentale Obdachlosigkeit“ in einer<br />

entfremdeten Welt, als poetologisch zu bestimmendes Movens der unterschiedlichsten Literaturen<br />

und eines Mediums, in das Balázs diese Sehnsucht aufzulösen gedenkt.<br />

3<br />

Robert Musil, „Ansätze zu neuer Ästhetik. Bemerkungen über eine Dr<strong>am</strong>aturgie des Film“, in: ders., Ges<strong>am</strong>melte<br />

Werke 8, Reinbek: Rowohlt, 1978, S. 1137.<br />

4<br />

Arnold van Gennep, Übergangsriten (Les rites de passage). <strong>Frankfurt</strong>/New York: C<strong>am</strong>pus, 1986.<br />

V

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