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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Die Beschreibung der Konsequenzen dieser Distanzierung des Intellekts von seinem Gegenstand<br />

führen Bergson zu einer höchst <strong>am</strong>bivalenten Kennzeichnung der gewonnenen Freiheit des Lebens<br />

auf der Stufe des Menschen und er erkundet, auf unterschiedlichen Ebenen des Diskurses,<br />

verschiedene Auswege aus der Selbstfesselung des Bewusstseins in den Zwängen seiner eigenen<br />

Produkte.<br />

Zunächst einmal beschreibt er den fortgesetzten Prozess der Vergesellschaftung und Individuation als<br />

ein zyklisches Modell von Auflösung und Rekonstruktion, Differenzierung und Entdifferenzierung, das<br />

als solches unendlich fortsetzbar erscheint: „Die Individuen treten zu einer Gesellschaft zus<strong>am</strong>men; die<br />

kaum gebildete Gesellschaft aber möchte die solcherart zus<strong>am</strong>mengetretenen Individuen zu einem<br />

neuen Organismus verschmelzen, um selbst Individuum zu werden, das dann wiederum einen<br />

integrierenden Bestandteil einer neuen Vergesellschaftung zu bilden vermag.“ 65 Auf dieser Ebene<br />

erscheint die Verselbständigung von Institutionen und die Verdinglichung von Beziehungen<br />

fortwährend durch das Leben selbst korrigiert zu werden.<br />

Bezogen auf die Tätigkeit des menschlichen Bewusstseins wiederum hofft Bergson auf einen<br />

befreienden „Sprung“ 66 , auf die sprengende Kraft der Intuition, die das Denken aus dem Reich des<br />

Leblosen wieder entfesseln, mit der Dauer, der Lebensenergie in Beziehung setzen könnte, die als<br />

der „seiner selbst bewußt gewordene Instinkt“ fähig sein könnte, „über seinen Gegenstand zu<br />

reflektieren und ihn ins Unendliche zu erweitern“. 67 Immer wieder stoße das Denken auf die Grenzen<br />

des Leblosen, des Mechanischen: „[R]ings um das begriffliche Denken beharrt ein<br />

verschwimmender, an diesen Ursprung gemahnender Saum. [...] es muß eine Gewalttat geschehen<br />

und der Intellekt durch einen Akt des Willen aus seinem eigenen Reiche vetrieben werden.“ 68 So sei<br />

es möglich in die „reine Dauer [...] zurückzutauchen; eine Dauer, in der die ewig vorrückende<br />

Vergangenheit unablässig um eine absolut neue Gegenwart anschwillt“. 69<br />

die ihn interessiert, und zwar diesmal in vollem Lichte, zuzuwenden, sie geben von ihrem Gehalt das an uns ab,<br />

was wir im Vorübergehen festgehalten haben, weil wir einen Einfluß darauf auszuüben vermögen.“ (Bergson,<br />

Materie und Gedächtnis, S. 21)<br />

65 Ebd., S. 263.<br />

66 Ebd., S. 198.<br />

67 Ebd., S. 181.<br />

68 Ebd., S. 198.<br />

69 Ebd., S. 204.<br />

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