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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Bredels Roman Dein unbekannter Bruder, über den Balázs einen Vertrag mit Mosfilm<br />

abgeschlossen hatte. Nicht realisiert wurde die Verfilmung seiner Erzählung Heinrich beginnt den<br />

K<strong>am</strong>pf, über die Balázs 1938 mit Sojusdetfilm verhandelte. Nicht realisiert wurde auch das Projekt,<br />

über das Balázs, vermutlich ebenfalls 1940, dem Genossen Radomir 69 berichtet, und schon im Januar<br />

im Tagebuch schreibt: die Tragödie des zur Wanderschaft Verurteilten, der seine Wurzeln ausreißen<br />

muss. Ein Weltanschauungsdr<strong>am</strong>a soll es werden, dessen Held die Gestalt des „ewigen Juden“ ist:<br />

Der ruhelose Wanderer, der im Untergang Jerusalems seine Nation verloren hat, den seine<br />

Sehnsucht nach einer Nation, nach Gemeinschaft, zu den Wurzeln der Völker treibt und dessen echte<br />

Sehnsucht ihn doch zugleich alles Falsche jedes Nationalismus, selbst des Zionismus, erkennen ließe.<br />

Das in dem Brief an Radomir angedeutete Sujet des geplanten Dr<strong>am</strong>as endet, wie soll es anders sein,<br />

im Kommunismus, in dem sich die Tragödie des Wanderers wie von selbst verflüchtigt, sich alle<br />

Widersprüche zwischen den Nationen als Scheinwidersprüche herausstellen und die klassenlose<br />

Gesellschaft sich als Brüderschaft der Völker erweist. Eine Antwort Radomirs, oder des Komitees,<br />

das er vertritt und um dessen positive Entscheidung über sein Sujet Balázs demütig bittet, ist nicht<br />

überliefert. Das Stück selbst hat Balázs, trotz mehrmaliger Versuche, die Arbeit daran wieder<br />

aufzunehmen, wohl nie geschrieben. 70<br />

Auch Balázs’ Stück Mozart, das schließlich in seiner endgültigen Fassung den Konflikt zwischen<br />

dem Genie und der bürgerlichen Enge seines Vaterhauses, zwischen Vater und Sohn, zwischen<br />

künstlerischer Rebellion und Konvention in den Mittelpunkt stellt, kommt in Moskau nicht mehr auf<br />

die Bühne. Als das ursprüngliche Filmszenario im Sommer 1941 realisiert werden soll, verhindert der<br />

deutsche Überfall auf die Sowjetunion die Dreharbeiten.<br />

Georg Lukács, den vermutlich seine Beziehungen zu Georgi Dimitroff bis dahin vor Verfolgung<br />

bewahrt haben, wird <strong>am</strong> 29. Juni 1941 verhaftet und muss zwei Monate lang in der Lubjanka das<br />

Schlimmste erwarten. Balázs darf unterdessen einen Kriegsfilm schreiben, der den heldenhaften<br />

K<strong>am</strong>pf serbischer Partisanen gegen eine Karikatur der deutschen Wehrmacht darstellt. 71 Und<br />

69 Briefentwurf Balázs’ an den „Genossen Radomir“, ohne Datum, MTA Ms 5018/50.<br />

70 1944 ist erneut von dem Projekt die Rede. Ende März 1945 schreibt Balázs in sein neues Tagebuch, dass die<br />

Theater-Sektion des Komitees für Fragen der Kunst den Titel des Projektes in „Der Wanderer“ geändert hätte und<br />

die offenen Bezüge auf Ahasver gestrichen seien. (Vgl. Zsuffa, Béla Balázs, S. 319) Noch 1946 plant Balázs, nun<br />

wieder unter dem alten Titel, das Dr<strong>am</strong>a im nächsten Jahr fertigzustellen. Entwürfe zu dem Dr<strong>am</strong>a sind, über das<br />

Exposé für Radomir und einige Notizen im Tagebuch 1945 hinaus, nicht überliefert.<br />

71 V CHORNI GORA [In den schwarzen Bergen] (SU, 1941), Regie: Nikolai Shengelaya; Drehbuch: Béla Balázs.<br />

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