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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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einem Filmszenario, wurde 1939 zum Anlass eines Streites, der Anfang 1940 Balázs’ „gutes Jahr“<br />

schneller beendete, als es angefangen hatte.<br />

Georg Lukács hatte in der Zeitschrift Internationale Literatur in seinem Aufsatz „Schriftsteller und<br />

Kritiker“ noch einmal seinen Standpunkt in der „Expressionismus-Debatte“ der Jahre seit 1934 auf<br />

den Punkt gebracht, Formexperimente als Verfallserscheinung und kapitalistische Degeneration<br />

gebrandmarkt und die Totalität der großen Realisten gepriesen. Wie schon in „‘Größe und Verfall’<br />

des Expressionismus“ zitierte Lukács auch hier Wilhelm Worringer als Erfinder und Grabreder des<br />

Expressionismus, als Kronzeugen und Hauptangeklagten zugleich. Gegen die kapitalistische<br />

Arbeitsteilung stellte Lukács den Typus des Dichter-Kritikers, dem die „Aufhebung dieser bloß<br />

urwüchsigen Individualität in eine - gesetzmäßige - Objektivität der wirklichen Kunst“ 29 gelungen sei.<br />

An die Seite des Dichter-Kritikers aber stellte er „ noch einen anderen Typus“ 30 , den<br />

„philosophischen Kritiker“ 31 , der sich dem Dichter im Zwischenreich der Kritik nähere und doch<br />

immer ganz Philosoph bleibe. D<strong>am</strong>it hatte Lukács endgültig den Essay als eigenständige Form<br />

verabschiedet, die er in Die Seele und die Formen als antizipatorische Form schlechthin noch<br />

verteidigt und doch schon einer Hierarchie zwischen Kunst und System geopfert hatte. Fragen der<br />

poetischen Gestaltung sind ihm nun nur noch Fragen der Technik, Worringers Abwertung des<br />

„Atelier“ aufnehmend. Verächtlich kombiniert er daraus Schmähworte, von „Atelierprobleme“ 32 bis<br />

„Ateliereffekte“. 33 Eher beiläufig, aber an argumentativ nicht unwichtiger Stelle werden jene<br />

Schriftsteller gebrandmarkt, „die aus demselben Einfall Feuilletonromane, Kinostücke, Dr<strong>am</strong>en und<br />

Opern herstellen“ 34 , die Regisseuren „Halbfabrikate“ liefern und d<strong>am</strong>it der Einstellung<br />

„kapitalistische[r] Arbeitsteilung“ 35 folgen würden: „[S]ie alle arbeiten, bewußt und unbewußt, in der<br />

Richtung des Verwirrens und Zerreißens aller Begriffe von echter Kunst.“ 36 Lukács nannte keine<br />

N<strong>am</strong>en, aber Balázs wusste, wer gemeint war. Hatte er sich doch just darüber schon mit Lukács<br />

anlässlich seines Mozart gestritten. Lukács hatte Balázs, nicht ganz zu unrecht, darauf aufmerks<strong>am</strong><br />

gemacht, dass er es sich bei der Umsetzung seiner Idee in zwei so verschiedenen Gattungen zu leicht<br />

29<br />

Georg Lukács, „Schriftsteller und Kritiker“, in: ders., Probleme des Realismus. Berlin: Aufbau, 1955, S. 293.<br />

30<br />

Ebd.<br />

31<br />

Ebd.<br />

32<br />

Ebd., S. 272.<br />

33<br />

Ebd., S. 291. Außerdem ist von „Ateliersubtilitäten“ (S. 273), vom „Atelierstandpunkt“ (S. 273), von<br />

„Ateliergesichtspunkten“ (S. 274), „Ateliermethode“ (S. 274) und von „Atelierexperimenten“ (S. 274) die Rede.<br />

34<br />

Georg Lukács, „Schriftsteller und Kritiker“, in: ders., Probleme des Realismus. Berlin: Aufbau, 1955, S. 272.<br />

35 Ebd., S. 271.<br />

36 Ebd., S. 272.<br />

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