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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Becher zu schreiben und zu fragen, ob er nicht länger zu den deutschen Schriftstellern gezählt würde.<br />

Sein N<strong>am</strong>e war bei einer entsprechenden Auflistung Bechers in der Literaturnaja Gazeta nicht<br />

mehr erwähnt worden. 10<br />

Als Balázs 1931 nach Moskau aufbrach - kurz zuvor erst war er der KPD förmlich beigetreten 11 -<br />

glaubte er daran, dass ihm nun alle Möglichkeiten, die die kapitalistische Filmproduktion dem<br />

kommunistischen Träumer und Kritiker des Films verweigerte, vorbehaltlos offenstehen würden.<br />

Balázs’ Moskauer Jahre aber wurden zu einem endlosen K<strong>am</strong>pf um Anerkennung und<br />

Wirkungsmöglichkeiten. 12 Sergej Eisenstein hielt Balázs, kaum war er von seinem Abenteuer auf dem<br />

<strong>am</strong>erikanischen Kontinent zurückgekehrt, auf Distanz. Balázs, der schließlich auch als Dozent für die<br />

Moskauer Filmhochschule in die Sowjetunion eingeladen worden war, machte sich vergeblich<br />

Hoffnungen auf eine Professur, die ihm eine sichere Position verschafft hätte. In Moskau schreibt<br />

Balázs auch sein drittes Buch über den Film, Iskusstvo Kino (Die Kunst des Films). Doch die<br />

Publikation, 1938 geplant, kommt nicht zustande. Erst 1945 erscheint das Buch in Moskau, in einer<br />

verstümmelten Fassung. 13<br />

Sein Film TISZA GARIT 14 wurde, schon vollendet, zum Verschwinden gebracht und keine Kopie ist<br />

je zum Vorschein gekommen. Balázs ist es offenbar nicht gelungen, eine Fassung des Films<br />

abzuliefern, die der Interpretation der Ereignisse durch die d<strong>am</strong>alige Führung der ungarischen<br />

Kommunisten um Béla Kun entsprach.<br />

Dieser Misserfolg rettet ihm vermutlich das Leben, denn 1937 wird Béla Kun von Stalin, dem die<br />

Eigenmächtigkeiten des schon von Lenin als Links-Abweichler betrachteten Komintern-Funktionärs<br />

ein Dorn im Auge ist, der Prozess gemacht. Vermutlich 1939 kommt er unter niemals geklärten<br />

Umständen im Gefängnis ums Leben. 1937 werden auch Balázs’ Bruder Ervin und seine Frau<br />

10 Balázs an Johannes R. Becher, Moskau, 1.5.1939, in: Balázs -Nachlass, MTA, Ms 5021/87.<br />

11 Vermutlich wollte Balázs d<strong>am</strong>it sicherstellen, in der SU nicht nur als ungarischer Emigrant, sondern als<br />

deutscher Kommunist aufgenommen zu werden und den entsprechenden Status zu erhalten.<br />

12 Die folgende, summarische Darstellung stützt sich neben eigenen Recherchen in Balázs’ Nachlass in Budapest<br />

vor allem auf Joseph Zsuffas biographische Forschungen und andere Sekundärliteratur, wie David Pikes Studie<br />

zur Geschichte der deutschsprachigen Schriftsteller im sowjetischen Exil. Leider standen Zsuffa in den siebziger<br />

und achtziger Jahren die Archive in Moskau, Leningrad und Kiew nicht zur Verfügung. Nicht nur über Balázs’<br />

Verhältnis zu Sergej Eisenstein wartet dort noch reiches Material auf eine angemessene Bearbeitung.<br />

13 Béla Balázs, Iskusstvo Kino [Die Kunst des Films]. Moskau: Goskinoizdat, 1945. Das Buch ist in deutscher<br />

Sprache nie erschienen. Der geplante dritte Band der von Helmut H. Diederichs, Wolfgang Gersch und anfangs<br />

auch Magda Nagy betreuten Schriften zum Film, der die schon vorliegende deutsche Übersetzung von Iskusstvo<br />

Kino und eine Auswahl von Balázs’ Aufsätzen aus der Sowjetunion enthalten sollte, wurde leider nicht realisiert.<br />

14 TISZA GARIT [Die Theiß brennt] (SU, 1933-34), Regie: Béla Balázs, E. B. Loiter; Drehbuch: Béla Balázs.<br />

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