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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Epilog<br />

Das Paradies und die Rückkehr<br />

Am 2. Januar 1940 beginnt Belá Balázs, ein neues Tagebuch zu schreiben. 1922 hatte er d<strong>am</strong>it in<br />

Wien aufgehört. 1932 hatte er in Moskau den Versuch, Tagebuch zu führen, nach drei Tagen wieder<br />

aufgegeben. Und ein neuer Anfang <strong>am</strong> 17. Juli 1938 k<strong>am</strong> über den ersten Tag nicht hinaus. „Noch<br />

ein Anfang! Immer dasselbe. Ich bin der ewige Anfänger.“ 1<br />

Doch nun, 1940, macht sich der ungarische Emigrant in der Sowjetunion Hoffnungen auf ein gutes<br />

Jahr.<br />

Der Weltkrieg hat begonnen. Aber in Moskau will man davon noch nichts wissen. Seit zwanzig<br />

Jahren ist der Emigrant auf der Suche nach einem Ort auf der Welt, an dem er von seinen Phantasien<br />

leben könnte. Vom Schreiben dessen, was ihm wichtig ist. Balázs macht Pläne: Dr<strong>am</strong>en und<br />

Romane, Gedichte und Aufsätze sollen geschrieben, veröffentlicht, endlich aufgeführt werden. Nicht<br />

zuletzt erhofft sich Balázs von seinem Dr<strong>am</strong>a über Wolfgang Amadeus Mozart einen Erfolg auf<br />

sowjetischen Bühnen. 1940 soll ein gutes Jahr werden, fern von der Welt, in Isztra, einem kleinen<br />

Ort, nicht allzuweit von Moskau, wo Balázs und seine Frau Anna 1937 eine Datscha erworben<br />

haben. Ein Ort, an dem sie wenigstens etwas Abstand fanden zu den immer häufiger tödlich<br />

endenden Richtungswechseln und Intrigen der stalinistischen Kulturpolitik und den ideologischen und<br />

literaturstrategischen Fehden unter den Emigranten.<br />

Gleich zu Beginn des neuen Tagebuches schließt er resigniert mit den vergangenen neun Jahren ab.<br />

„Das unlängst Vergangene kommt mir nur vor als das Gutzumachende und das Versäumte, was<br />

nachzuholen ist. (...) Ich werde nicht die Geduld haben diese neun Jahre zu erzählen. (Jetzt.) Es zieht<br />

mich zu sehr in die Zukunft und zu den ersten Erinnerungen meines Lebens, die ich in diesem Jahre<br />

schreiben will als biographischen Roman (Die Jugend eines Träumers).“<br />

Im Herbst 1931 war Balázs nach Moskau gereist, um seinen Film über die ungarische Räterepublik<br />

nach dem Roman Die brennende Theiß zu drehen - ein Film, der nie in die Kinos k<strong>am</strong>, drei Jahre<br />

sinnlosen K<strong>am</strong>pf bedeutete, inmitten von Fraktionskämpfen und finsteren Machtspielen. „Es war die<br />

1 Balázs, „naplói. Isztra-Moskva“. Eintrag vom 17.7.1938.<br />

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