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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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K<strong>am</strong>pfstiere versorgt sind, und schließlich von einem Hirten, einem Rebellen aus dem Volke im<br />

Zweik<strong>am</strong>pf getötet wird, diese Geschichte ist keineswegs die Parabel eines politischen<br />

Tyrannenmords, so verführerisch diese Interpretation auch sein mag. Für Leni Riefenstahl jedenfalls<br />

war Hitler kein sich sexuell auslebender Tyrann, sondern weit eher der asketische Rebell aus dem<br />

Volke, der Gegentypus zum adeligen „Herrscher“, dem selbst in der Endfassung von 1954 noch ein<br />

an „Jud Süß“ erinnernder Gutsverwalter an die Seite gestellt ist, der dem vitalen Lebemann Don<br />

Sebastian die teuflischen Methoden einflüstert. Schärfer noch, als in DAS BLAUE LICHT setzt<br />

Riefenstahl in TIEFLAND der verdorbenen Welt der Ebene die Reinheit der Berge, die atavistische<br />

Unschuld des Hirten (der ja eben auch ein Hüter, ein Führer ist) entgegen, der den Wolf besiegt.<br />

13.6 Kracauer und die „Autorenschaft“ des Films<br />

Kracauers Verdikt über die Bergfilme und über DAS BLAUE LICHT spielt in allen Stellungnahmen zu<br />

Riefenstahl eine mehr oder weniger entscheidende Rolle als ein Maßstab, den es entweder zu<br />

bestätigen, oder mit großem Überschwang zu dementieren gilt. Und zumeist wird Kracauers These<br />

dabei so verkürzt, dass von seinem zentralen Zugang zu diesen Filmen nichts mehr erkennbar bleibt,<br />

ein Missverständnis an dem er freilich selbst durch seine polemischen Zuspitzungen nicht immer<br />

unschuldig war.<br />

Kracauer hatte im Vorwort seiner Studie betont, dass es ihm nicht darum ginge die Filme als<br />

bewusste Propagierung von Ideologie, sondern als Ausdruck verbreiteter Dispositionen und<br />

Sehnsüchte zu betrachten, auch nicht darum einen „feststehenden Nationalcharakter“ zu behaupten,<br />

sondern kollektive Dispositionen, die sich „innerhalb einer Nation in einem gewissen Stadium ihrer<br />

Entwicklung durchsetzen“. 111 Kracauer blieb dabei jener skeptischen Haltung treu, die ihn schon als<br />

Feuilletonisten der zwanziger Jahre gekennzeichnet hatte, dem Skeptizismus des „Wartenden“, des<br />

„zögernden Geöffnetseins“ 112 , gleich fern dem lebensphilosphischen Relativismus wie den<br />

revolutionären Heilslehren neuer Gemeinschaft, zwischen der Philosophie „Georg Simmels, der <strong>am</strong><br />

Ende den Relativismus dadurch zu beseitigen glaubte [...], daß er das ‘Leben’ als letzte Absolutheit<br />

110 Im Gegenteil, er fand wie auch Riefenstahls Memoiren durchaus zu entnehmen ist, „bis zum Ende immer wieder<br />

Unterstützung durch die Verantwortlichen in Film, Politik und Wirtschaft“. (Lenssen, „Leben und Werk“, S. 80.<br />

111 Kracauer, Von Caligari zu Hitler, S. 14.<br />

112 Siegfried Kracauer, „Die Wartenden“, in: ders., Das Orn<strong>am</strong>ent der Masse. <strong>Frankfurt</strong> <strong>am</strong> <strong>Main</strong>: Suhrk<strong>am</strong>p, 1977,<br />

S. 116 [zuerst in: <strong>Frankfurt</strong>er Zeitung, 12.3.1922].<br />

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