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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Tiefe, als er von dessen Liebe zu der Tänzerin erfährt. Und er hält das Seil fest, an dem sein Freund<br />

hängt, so dass er ihm im Sturze folgt. Rentschler zeigt, wie weibliche Körper und Berge sich<br />

gleichermaßen in Räume verwandeln, „die erkundet und verehrt werden“, die einer gefährlichen<br />

Sehnsucht Ausdruck verleihen, sich fallen zulassen, die Angstlust und einen Fetischsimus technischer<br />

Objekte erzeugen, mittels derer der Rausch des Schwindelgefühls in der Höhe im Zaum gehalten<br />

werden kann.<br />

STÜRME ÜBER DEM MONTBLANC (1930) geht hierin noch einen Schritt weiter. Der Film führt die<br />

Frau selbst in die Männerdomäne der Technik ein. 26 Und hier verselbständigen sich die beiden<br />

Medien des Mannes, die Technik und die Frau, lassen den Mann schließlich bei ihrer Vermählung<br />

hilflos zuschauen, „in dem Leni Riefenstahls wenige erotische Momente nicht auf den Filmpartner<br />

abgestimmt sind, sondern sich dann ergeben, wenn sie nachts in der Leere der Sternwarte mit den<br />

Händen Details <strong>am</strong> überdimensionalen Tubus des Teleskops betastet“ 27 , oder auf dem Montblanc<br />

ein Mikroskop scharf stellt, statt sich mit Sepp Rist, dem Darsteller des Wetterwartes, zu<br />

beschäftigen.<br />

Die Technik und ihre Instrumente sind schon in DIE WEISSE HÖLLE VOM PIZ PALÜ (1929) stark in<br />

den Vordergrund getreten. Das von Ernst Udet geflogene Flugzeug „verleiht der filmischen<br />

Gegenwart der Landschaft eine neue Dimension“. 28 Das Flugzeug fungiert, wie auch wieder in<br />

STÜRME ÜBER DEM MONTBLANC als „Raumindikator“ 29 inmitten eines Raumes „ohne Mitte, ohne<br />

Ordnung: der unkoordinierte und unkoordinierbare Raum einer freien, gefährlichen,<br />

außerordentlichen Natur“ 30 , einer Natur, um deren gesteigertes Erleben es geht. Um eine Erleben<br />

jenseits des Lebens. Jenes „Gefühl des Erlöstseins“ (über das Simmel schon 1911 schrieb) „das wir<br />

der Firnlandschaft in feierlichsten Augenblicken verdanken, [gründet] <strong>am</strong> entschiedensten auf dem<br />

Gefühl ihres Gegenüber-vom-Leben“. 31<br />

26<br />

Vgl. auch Jürgen Keiper, „Alpträume in Weiß“, in: Film und Kritik, Jg. 1, H. 1 (Juni 1932), S. 53-70: „[...] obgleich<br />

Leni Riefenstahl immer wieder in diese Räume eindringt, bleiben sie immer als Bereiche der Männer definiert und<br />

charakterisieren eben die Person Leni Riefenstahl gerade in ihrem Sonderstatus in den Filmen Fancks“ (S. 60).<br />

27<br />

Ben Gabel, „Der ewige Traum“, in: Film und Kritik, Jg. 1, H. 1 (Juni 1932), S. 48.<br />

28<br />

Martin Seel, „Arnold Fanck oder die Verfilmbarkeit von Landschaft“, in: Film und Kritik, Jg. 1, H. 1 (Juni 1992,<br />

S. 73.<br />

29<br />

Ebd., S. 74. Rentschler spricht von der Technik als „Ausdruck des Wunsches, den Raum zu messen und mit<br />

Teleskopen, Rundfunkgeräten und Flugzeugen auszuloten, die zugleich für die Spielhandlung eine bedeutende<br />

Rolle spielen.“ (Rentschler, „Hochgebirge und Moderne“, S. 21)<br />

30<br />

Seel, „Arnold Fanck“, S. 74.<br />

31 Georg Simmel, „Die Alpen“, in: Philosophische Kultur, S. 118.<br />

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