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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Lukács wurde dazu bestimmt, dafür zu sorgen, dass Balázs die nötige „politische, ideologische<br />

Führung und Kontrolle“ erhält. 196 Das Projekt k<strong>am</strong> freilich bis 1931 kaum voran.<br />

Lukács’ Unterstützung für das Projekt hatte bald ihren Wert verloren. 1929 wurde das von Lukács<br />

zur Vorbereitung des Zweiten Parteikongresses geschriebene und nach seinem parteiinternen<br />

Deckn<strong>am</strong>en „Blum-Thesen“ genannte Grundsatzpapier zu einem folgenschweren Debakel. Béla Kun<br />

attackierte ihn als „Liquidator“ der Partei und als „Rechtsabweichler“. Lukács hatte aus der<br />

vernichtenden Niederlage des Messianismus von 1919 Konsequenzen gezogen. Er war d<strong>am</strong>it dem<br />

pragmatischen Realismus des 1928 gestorbenen Jenö Landler gefolgt, der die ungarischen<br />

Kommunisten in Wien führte, und der Béla Kuns voluntaristischer Revolutionsperspektive aus dem<br />

fernen Moskau eine Strategie „demokratischer“ Zweckbündnisse entgegengestellt hatte. Lukács<br />

unternahm es, diesen Realismus, anders als Landler dies getan hatte, explizit und theoretisch zu<br />

begründen. Doch d<strong>am</strong>it erlitt er schon lange vor dem geplanten Parteitag eine herbe Niederlage,<br />

wurde gezwungen die Blum-Thesen einer demonstrativen Selbstkritik zu unterziehen, und zog sich<br />

schließlich aus der politischen Arbeit der ungarischen Kommunisten fast vollständig zurück. Ab<br />

1930, unterbrochen nur noch von einem Berlin-Aufenthalt 1931/32, konzentrierte sich Lukács in<br />

Moskau auf das Studium der Pariser Manuskripte von Karl Marx - nicht zuletzt die Fragment<br />

gebliebene Einleitung zur „Kritik der politischen Ökonomie“ - und der darin hergestellten<br />

Verknüpfung der griechischen Epik und der gesellschaftlichen „Totalität“, und er arbeitete daran, eine<br />

Position als Literaturhistoriker und als Theoretiker einer marxistischen Ästhetik aufzubauen. Erst<br />

Mitte der dreißiger Jahre wird er Gelegenheit erhalten, seine Vorstellungen demokratischer<br />

Bündnisse, nun auf dem Felde der Literatur, öffentlich zu propagieren.<br />

Balázs aber muss sich zunächst einmal andere Bündnispartner für seinen Traum suchen, als filmischer<br />

Chronist der ungarischen Revolution nach Moskau kommen zu dürfen.<br />

1929 gelingt es ihm, wenigstens das Drehbuch für eine Außenseiterproduktion in Deutschland zu<br />

schreiben, für Alfred Abels Film NARKOSE. Balázs demonstriert hier noch einmal alle Möglichkeiten<br />

des Stummfilms, von der mimischen Darstellungskunst der Schauspieler bis zu expressionistischen<br />

Traumsequenzen. So wirkt NARKOSE an manchen „Stellen wie eine Deklinationsübung der optischen<br />

196 Siehe dazu Georg Lukács’ Brief an Elek Bolgár und Aladár Komját vom 31.8.1928, zitiert nach Zsuffa, Balázs, S.<br />

160.<br />

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