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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Mit der Umsetzung seines letzten 1927 geschriebenen Drehbuches DONA JUANA durch Paul<br />

Czinner war Balázs äußerst unzufrieden gewesen. Er zog vor der Premiere seinen N<strong>am</strong>en zurück 178 ,<br />

und distanzierte sich telefonisch unter anderem bei einem Kritiker, dessen Urteil ihm besonders<br />

gewichtig erschien, Herbert Jhering. Ein folgenschwerer Anruf, wie sich noch herausstellen würde.<br />

Dennoch arbeiteten Balázs und Czinner 1928 noch einmal zus<strong>am</strong>men, an einer Adaption von<br />

Schnitzlers Erzählung Fräulein Else, in der wiederum Elisabeth Bergner (mit der Czinner verheiratet<br />

war) die Hauptrolle spielen sollte. Balázs und Czinner konnten sich erneut nicht einigen. Balázs<br />

erstritt sich schließlich vor Gericht das Recht, seinen N<strong>am</strong>en von dem Projekt zurückzuziehen. 179 Für<br />

die Filmindustrie wird er d<strong>am</strong>it zur Unperson.<br />

Anders als in Budapest und Wien, gibt kein Tagebuch mehr Auskunft über die Konflikte in Berlin<br />

und deren Deutungen durch Balázs selbst. Erst 1940 wieder, in der Sowjetunion, schreibt Balázs im<br />

Tagebuch auch über seine Berliner Zeit, eine Selbstrechtfertigung seiner „Brotarbeit“ für den Film:<br />

„Ich hatte nur die Wahl die Aufträge anzunehmen und viel - oder sie nicht anzunehmen und gar nichts<br />

zu verdienen. Denn man durfte nicht vergessen werden. Hätte ich nur ein Jahr lang ausgesetzt, (soviel<br />

Reserven hatte ich übrigens nie) so hätte ich nachher keine Arbeit mehr bekommen. Ich wäre ein<br />

Outsider geworden.“ 180 Genau dies aber, ein zugleich verschmähter und verehrter Außenseiter,<br />

wurde Balázs schon 1928, eine Position die ihm nicht unbekannt war und die seine Energien „auf<br />

breiter Front“ 181 freisetzte.<br />

Joseph Zsuffa und Wolfgang Gersch vermitteln ein eindrucksvolles Bild von Balázs’ Aktivitäten, die<br />

sich keineswegs auf den Film beschränkten. 1927 beschloss die KPD auf ihrem Essener Parteitag,<br />

ihre Anstrengungen an der Front der Kultur massiv auszuweiten und sie eröffnete d<strong>am</strong>it auch Balázs<br />

ein weites Feld. Balázs wurde zu einem der vielseitigsten kommunistischen Publizisten der Jahre<br />

zwischen 1927 und 1931. Und er blieb zugleich auch für die KPD ein „Outsider“, ein romantischer<br />

„Pseudosozialist“ 182 , dem die kommunistischen Zeitungen und Zeitschriften, allen voran die Rote<br />

Fahne oder Die Linkskurve immer wieder mit Spott begegneten, so z.B. wenn der Rezensent der<br />

Linkskurve Balázs’ Geist des Films vorwarf, jeder historisch-materialistischer Grundlage zu<br />

178<br />

Vgl. den entsprechenden Bericht im Film-Kurier vom 24.1.1928.<br />

179<br />

Vgl. Zsuffa, Balázs, S. 153ff.<br />

180<br />

Béla Balázs, „naplói. Isztra-Moskva“ [Tagebücher. Isztra-Moskau], Eintrag vom 2.1.1940, Manuskript, in:<br />

Balázs -Nachlass, MTA, Ms 5024/2.<br />

181<br />

Gersch, „Versuche auf breiter Front: Balázs in Berlin“, S. 9.<br />

182<br />

F.G., „Balázs: Unmögliche Menschen“, in: Arbeiter-Sender, H. 48 (1930), S. 76, zit. nach Zsuffa, Balázs, S. 178.<br />

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