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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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„Studioexperimenten“ 84 zuweist, die die Möglichkeiten des Mediums bis an seine Grenzen, bzw. bis<br />

zu seinem innersten Kern auszuloten vermögen. Zugleich ist d<strong>am</strong>it auch keine Vision einer<br />

bestimmten Form, keine Richtung für die Entwicklung des Films gemeint. Eher finden sich in den<br />

fragmentarischen Gedanken, die Balázs dem „absoluten Film“ widmet, Versuche dazu,<br />

Grundstrukturen des neuen Mediums scharf zu pointieren. Die Form, die sich selber Inhalt sei, wäre<br />

das Nichts. Aber: „[D]ie Gefahren dieser autonomen Entwicklung hinderten den Film nicht daran,<br />

gerade auf diesem Wege seine fruchtbarsten Werte zu finden.“ 85<br />

Von diesen Extrempositionen des „absoluten Films“ her, misst Balázs nun die möglichen<br />

Gestaltqualitäten der konventionellen Filmerzählung, der Fabel aus. Nicht die Auflösung der<br />

Gegenstandswelt in die Identitätswelt des bewegten Orn<strong>am</strong>ents, des „Nichts“, ist sein Ziel, sondern<br />

das Erleben der Spannung zwischen der Fabel, und d<strong>am</strong>it der narrativ-logischen oder<br />

metonymischen Verkettung der Wesen und Dinge, und der sinnlichen Identitätswelt metaphorisch-<br />

symbolischer Assoziationen. 86 „[W]enn der Assoziationsfilm angewendet würde bei Filmen, die<br />

ganze Menschen gestalten wollen, so könnte er eine Tiefendimension öffnen, könnte die Menschen<br />

durchscheinend machen.“ 87 Es ist diese Spannung zwischen narrativer und metaphorischer<br />

Imagination, das „Erleben“ einer anderen Verbindung zwischen den Dingen und uns, als der der<br />

„objektiven“ Kausalität der Dinge untereinander, die nicht nur das magische Denken sondern auch<br />

die Welt der Märchen bestimmt, und die ein Gefühl des Getragenseins, der Schwerelosigkeit<br />

evoziert, von dem auch Balázs schon 1926 spricht.<br />

„Nicht Riesen, Zwerge, Drachen und Hexen machen das Märchen aus, sondern das Schwebende,<br />

das Leben bekommt, wenn wir ihm keine Gründe unterschieben, und das Unbegrenzte einer Welt,<br />

in der es nichts Fremdes, weil auch nichts Bekanntes gibt, in der alles, was geschieht, mit uns, für<br />

84<br />

Balázs, „Der Geist des Films“, S. 144.<br />

85<br />

Ebd., S. 110.<br />

86<br />

Auf diesen doppelten Charakter der diegetischen und metaphorischen Verknüpfung hatte er schon in dem<br />

Eisenstein-Beispiel in seinem ersten Berliner Vortrag hingewiesen. Marie-Claire Ropars-Wuilleumier hat eine Reihe<br />

von scheinbar nichtdiegetischen Metaphern in Eisensteins OKTOBER untersucht und dabei deutlich gemacht,<br />

dass auch sie, selbst in diesem im strengen Sinne nicht-diegetischen Film, metonymisch verankert sind. So z.B. die<br />

Harfen, die mit den schmeichelnden Reden der Menschewiki korrespondieren, zuvor aber schon als Bild auf einer<br />

Glastür zu sehen sind, über die eine Hand streicht. Ropars analysiert den Prozess der Entstehung einer Art idealen<br />

Diegesis, in der die Figurationen die entscheidende Realität bilden. (Marie-Claire Ropars-Wuilleumier, „Fonction<br />

de la métaphore dans Octobre d’Eisenstein“, in: Littérature, Nr. 11 (1973), S. 109-128, zit. nach Metz, The<br />

Imaginary Signifier, S. 192f.; S. 303.)<br />

87<br />

Balázs, „Der Geist des Films“, S. 133.<br />

394

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