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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Dinge auch ohne eine in unserem Sinne ‘zweckmäßige’ Handlung“ in Besitz bringen könnte, „weil es<br />

etwas bloß Mimisches, etwas lediglich Signifikantes auf dem Standpunkt des mythischen<br />

Bewußtseins nicht gibt.“ 73<br />

Auch die Vorstellungen von Raum und Zeit, die sich mit diesem magischen Identitätsdenken<br />

verbinden, werden für Balázs’ Interpretation des Films eine wesentliche Rolle spielen.<br />

Während er an Der Geist des Films schreibt, reist Eisenstein von Paris weiter in die USA und nach<br />

Mexiko, die „Bücher Lévy-Brühls über das primitive Denken“ 74 im Gepäck. In Mexiko wird<br />

Eisenstein sich mit Leben, Tod und Unsterblichkeit beschäftigen, mit den magischen Ritualen des<br />

„Totentages“. Bei seiner Rückkehr nach Moskau im Mai 1932 wird Eisenstein unvermutet auf Béla<br />

Balázs treffen. Doch das ist schon ein andere Geschichte.<br />

12.2 „Einschichtigkeit“ und „absoluter Film“<br />

„Physiognomie ist nicht nur eine objektive Gegebenheit, sondern zugleich unsere Beziehung zu ihr.<br />

Eine Synthese.“ 75 Der Film ist das Medium, das sich selbst unmittelbar und immerzu thematisiert, und<br />

der sich zugleich, als technisches Medium, als Apparat zum Verschwinden bringt. Der staunende<br />

Blick auf die Welt, den K<strong>am</strong>era und Montage organisieren, kann zwischen Traum und Wirklichkeit<br />

nicht unterscheiden. Die Bilder, die die K<strong>am</strong>era festhält, sind immer so subjektiv, wie der Blick, der<br />

durch sie fällt. Balázs konstatiert an den Versuchen, von den episch konstruierten Spielhandlungen<br />

loszukommen und „unkonstruierte, nackte Existenz zu zeigen: Urtatbestand“ 76 , dass der „Traum<br />

(Wunschtraum oder Angsttraum?) von der absoluten, objektiven, unpersönlichen Sachlichkeit“ 77<br />

notwendigerweise in sein Gegenteil umschlagen muss. Denn „das reine Objekt wird zur reinen<br />

Erscheinung. Die bloße Tatsache wird zum bloßen Bild.“ 78 Die Dinge, ohne Interpretation ihres<br />

Kontextes als reine Anschauung behauptet, werden zur Phantasmagorie. „Die Dinge sind einfach da,<br />

73 Cassirer, Philosophie der symbolischen Formen, S. 87.<br />

74 Eisenstein, Yo - Ich selbst, S. 256. An anderer Stelle hat Eisenstein sein Interesse an frühen Formen<br />

gesellschaftlicher Verhältnisse, der „klassenlose[n] Urgesellschaft“ und ihren Formen des Verhaltens und<br />

Denkens, der „Überreste all dieser Stadien in unserem Bewußtsein, Denken und Verhalten“ mit seinem „Interesse<br />

für das pränatale Stadium des Seins“ in Verbindung gebracht (ebd., S. 665).<br />

75 Balázs, „Der Geist des Films“, S. 70.<br />

76<br />

Ebd., S. 124.<br />

77<br />

Ebd.<br />

78<br />

Ebd., S. 125.<br />

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