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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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„hergestellt“ werden kann. „Wenn die Idee einer Einheit im Gegensatz zu einem Gespaltensein<br />

auftaucht, so ist sie schon unmöglich.“ 51 Man sollte sich aber nicht davon täuschen lassen, dass<br />

Balázs nun versucht, Eisenstein materialistisch zu überbieten und ihm vorwirft, mit dem Film auf eine<br />

unproblematische Einheit zuzusteuern, die doch nur das Ergebnis einer völlig, einer endgültig<br />

veränderten Gesellschaft sein könnte. Was Balázs tatsächlich an Eisensteins Konzeption des<br />

„Gedankenfilms“ 52 abstößt, ist die Vorstellung, Film als Sprache zu entwickeln, die über den Umweg<br />

der Symbole und Gefühle doch nur dazu dienen soll, abstrakte Gedanken zu symbolisieren,<br />

Wirkungen zu erzielen, deren Ergebnis schon vorher feststünde.<br />

Montage, und d<strong>am</strong>it auch die Herstellung filmischer Gleichnisse durch allegorische Reihen<br />

unterschiedlicher Dingwelten und Handlungselemente, ist für Balázs keine Form der Mitteilung,<br />

sondern ein offener Prozess, der nicht nur das Wechselverhältnis zwischen den Bildern<br />

charakterisiert, sondern erst recht dasjenige zwischen Bildern und Rezipient.<br />

Balázs zielt auf den Zus<strong>am</strong>menhang von Montage und Erleben. Und in diesem Wirkungsfeld spielt<br />

die Rezeption selbst eine durchaus produktive Rolle. So heißt es zunächst:<br />

„Es gibt keinen so ‘toten’ Gegenstand, der in solcher Assoziations-Montage nicht zu einer lebendigen<br />

Physiognomie erweckt werden könnte. Undefinierbares, Irrationelles kann assoziiert werden durch<br />

Montage-Suggestion.“ 53 Und direkt auf Eisenstein antwortend wird Balázs deutlicher: „Das Bild soll<br />

nur ein Gefühl wecken. Der Gedanke soll dann ohne unmittelbare Einwirkung des Bildes,<br />

automatisch aus der Empfindung entstehen. Man wird sich dabei abenteuerlicher Überraschungen<br />

gewärtigen müssen. Denn das vom Bild erweckte Gefühl wird sich mit den im Zuschauer bereits<br />

vorhandenen Zufallsstimmungen vereinen. Das Assoziationsergebnis ist nicht abzusehen.“ 54 Schon im<br />

„sichtbaren Menschen“ hatte Balázs vor „illustrierten Gleichnissen“ 55 gewarnt, als von den russischen<br />

Filmen noch nicht die Rede war. „Statt des irrationellen Bildes einer irrationellen Empfindung<br />

bekommen wir eine Redewendung im Bilde dargestellt.“ 56<br />

51 Ebd., S. 114.<br />

52 Ebd., S. 113.<br />

53 Balázs, „Der Geist des Films“, S. 87.<br />

54 S. 114. Auch über die Perspektive des absoluten Films heißt es, er ziele auf „Bedeutungen, die man auch nicht<br />

versteht, bloß zu fühlen bekommt. (Denn Sinn, das wäre schon etwas konstruiertes.) [...] Er könnte irrationelle<br />

Beziehungen mitschwingen lassen, wie es keine literarische Dichtung vermag.“ (Ebd., S. 133)<br />

55 Balázs, „Der sichtbare Mensch“, S. 97.<br />

56 Ebd.<br />

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