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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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in der Kette der kulturrevolutionären Mittel sein. Er erfaßt alles. Arbeitet an einem einheitlichen,<br />

monistischen System - [...]. Er hört auf, Kunst zu sein und tritt in sein nächsthöheres<br />

Entwicklungsstadium ein.“ 44<br />

Balázs fand, seitdem er sich in Berlin niederließ, mehrfach Gelegenheit, sich mit Eisenstein zu streiten<br />

und zugleich seine Verehrung für ihn zu kultivieren. Er besuchte die UdSSR, nahm wie Eisenstein im<br />

September 1929 <strong>am</strong> ersten Kongress der „Internationalen Liga für den unabhängigen Film“ in La<br />

Sarraz teil 45 und traf ihn auch mehrfach in Berlin, propagierte Eisensteins Filme in Deutschland und<br />

stellte Anfang 1930 die deutsche Titelfassung für Eisensteins Film DAS ALTE UND DAS NEUE (Die<br />

Generallinie). Schließlich schickte er Eisenstein im Februar 1930 Exposés für Filmprojekte zu, die<br />

dieser freilich ignorierte. 46 Eisenstein hat die Verehrung Balázs’ für ihn wohl nie erwidert.<br />

Hinter ihrem Streit über die Bedeutung der Montage für den Film aber verbirgt sich eine<br />

Auseinandersetzung über das Wesen der filmischen Partizipation, die Balázs seinerseits im „Geist des<br />

Films“ fortführte. Gleich <strong>am</strong> Anfang seines zweiten Filmbuches fasst er zus<strong>am</strong>men: „Wodurch wird<br />

der Film zu einer besonderen eigenen Sprache? Durch die Großaufnahme. Durch die Einstellung.<br />

Durch die Montage. [...] im Rhytmus und im Assoziationsprozeß der Bildfolge erscheint das<br />

Wesentliche: die Komposition des Werkes.“ 47 So sehr er Eisenstein d<strong>am</strong>it entgegenzukommen<br />

scheint, an zahlreichen Stellen seines Buches macht er deutlich, was sie trennt. Kein N<strong>am</strong>e fällt so<br />

häufig wie der Eisensteins, und es sind seine und auch andere russische Filme, die <strong>am</strong> häufigsten als<br />

Beispiel herangezogen werden, auf durchaus <strong>am</strong>bivalente Weise. Die verschiedenen Elemente<br />

künstlerischen Ausdrucks im Film seien hier „radikaler durchgeführt [...]. Sie sind gewollter und<br />

43 Ebd., S. 199.<br />

44 Ebd., S. 200.<br />

45 An dem Kongress in der Schweiz nahmen unter anderem Léon Moussinac, Hans Richter, Walter Ruttmann,<br />

Alberto Cavalcanti, Hiroshi Hijo, Eduard Tissé, Georg Wilhelm Pabst, Enrico Pr<strong>am</strong>polini, Grigori Alexandrow und<br />

Lupu Pick teil. Während der Veranstaltung drehten die Teilnehmer eine Filmgroteske, den K<strong>am</strong>pf der<br />

„Unabhängigen“ gegen die „Firmen“. Balázs spielte, wie Eisenstein sich erinnerte, das Oberhaupt der<br />

kostümierten „Bösewichte“. Es ist dies die einzige Erwähnung, die der N<strong>am</strong>e Balázs in den Fragmenten von<br />

Eisensteins Memoiren findet (vgl. Sergej M. Eisenstein, Yo - Ich selbst. Memoiren. 2 Bände. <strong>Frankfurt</strong> <strong>am</strong> <strong>Main</strong>:<br />

Fischer Taschenbuch, 1988, S. 406).<br />

46 Neben dem schon erwähnten Exposé „Dein Kind sieht das Leben“ handelt es sich dabei um die Idee zu einer<br />

„marxistischen Komödie der Ideologien“ (Balázs an Sergej Eisenstein, 8.2.1930, in: Balázs, Schriften zum Film.<br />

Band 2, S. 261): „Himmlische und irdische Liebe“ (in: Balázs, Schriften zum Film. Band 2, S. 323-326). Balázs<br />

schrieb in der Sowjetunion nach diesem Exposé eine Komödie für das Theater. Nach dem Krieg erwarb die DEFA<br />

die Rechte an dem Stoff und realisierte daraus 1948 den Film CHEMIE UND LIEBE.<br />

47 Balázs, „Der Geist des Films“, S. 56f.<br />

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