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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann als Person, sondern um die Bedeutung der Aufnahmetechnik, der optischen<br />

Transformation der gefilmten Spielhandlung ging. „Nicht das Spiel und nicht die Regie, sondern das<br />

Bild des Spiels und der Regie.“ 27 Das war nicht wenig missverständlich, denn schließlich<br />

beschränkte sich die Regie nicht auf die Anleitung der Schauspieler, die Inszenierung vor der<br />

K<strong>am</strong>era, sondern war selbst zur Regie der Bilder geworden. Das wusste auch Balázs, dem<br />

zuguterletzt doch noch einfällt, dass ja auch die Bildeinstellungen vom Regisseur vorgegeben sein<br />

können. Doch darum geht es ihm hier nicht. „Gleichgültig, ob der Regisseur oder der Operateur der<br />

Schöpfer solcher Kunst ist. Entscheidend ist nur, daß diese spezifische Filmkunst nur im Blick durch<br />

das Objektiv entstehen, nur durch die Aufnahme geschaffen werden kann.“ 28<br />

Die Zuhörer seines Vortrags verstanden ihn präziser, als Balázs selbst sich ausdrückte.<br />

So schrieb der Rezensent der literarischen Welt: „K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann ist im Sinne des Referenten kein auf<br />

den Photographen beschränkter Sonderbegriff, sondern ein gleichmäßig auf das ganze Filmensemble<br />

anzuwendender Kollektivn<strong>am</strong>e. Die Betonung der Aufnahme, des optischen Moments, bedeutet<br />

nichts anderes, als daß Schauspieler, Regisseur, Architekt und Operateur ihre Tätigkeit künftighin in<br />

einem neuen Sinne in den Dienst der K<strong>am</strong>erawirkung zu stellen haben werden, um die Filmkunst aus<br />

einer reproduktiven zu einer eigentlichen, einer bildschöpferischen Kunst umzugestalten.“ 29<br />

Eine gekürzte Fassung des Vortrags erschien im Juli auch in der sowjetischen Zeitschrift Kino 30 , und<br />

dies war kein Zufall. Balázs hatte als Beispiel für „produktive“ Filmkunst, für „Gruppengebärde“ und<br />

die „verborgene Gleichniskraft der Bilder“, eine Szene aus Eisensteins PANZERKREUZER POTEMKIN<br />

vorgestellt, in der zunächst der Jubel der Odessaer Bevölkerung „mit der rhytmisch gesteigerten<br />

Gruppierung der Massen gezeigt“ 31 wird, und schließlich die dem Panzerkreuzer<br />

entgegenkommenden Segelboote zugleich ihre Segel herunter lassen, wie eine kollektive Geste der<br />

Ehrbezeugung. Und: Balázs war in der Sowjetunion kein Unbekannter. Der sichtbare Mensch war<br />

mittlerweile schon in zwei verschiedenen Übersetzungen in der Sowjetunion erschienen.<br />

27<br />

Ebd., S. 210.<br />

28<br />

Ebd., S. 212.<br />

29<br />

Theodor Lücke, „Filmtradition und Filmzukunft“, in: Balázs, Schriften zum Film. Band 2, S. 335f. [zuerst in: Die<br />

literarische Welt, 2.7.1926].<br />

30<br />

Béla Balázs, „“O buduschem filmi [Über die Zukunft des Films], in: Kino [Moskau], Nr. 27, 6.7.1926.<br />

31 Balázs, „Produktive und reproduktive Filmkunst“, S. 211.<br />

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