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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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guten Abgang zu verschaffen oder tatsächlich ein Konflikt um seinen Verriss seine Pläne beschleunigt<br />

hatte, ist aus den Dokumenten in seinem Nachlass nicht zu rekonstruieren.<br />

Über die drei Monate bis zu seinem ersten Auftritt in Berlin ist nichts bekannt. Doch die begeisterte<br />

Aufnahme im „Klub der K<strong>am</strong>eraleute“ muss für Balázs ein Triumph gewesen sein. Sein Filmbuch<br />

Der sichtbare Mensch 5 und seine Aufsätze für die in Halle erscheinende und von seinem Landsmann<br />

Andor Kraszna-Krausz herausgegebene Zeitschrift Die Filmtechnik 6 hatten ihn in der Filmwelt in<br />

Deutschland bekannt gemacht.<br />

Balázs setzte darauf, als Filmautor eine gesicherte Existenz zu finden. Noch im gleich Jahr wurden<br />

zwei Drehbücher von ihm verfilmt, die Komödie MADAME WÜNSCHT KEINE KINDER (Alexander<br />

Korda, 1926), vor allem aber das Experiment eines Querschnittfilmes, DIE ABENTEUER EINES<br />

ZEHNMARKSCHEINES, den Berthold Viertel (Regie) mit Helmar Lerski und Robert Baberske<br />

(K<strong>am</strong>era) realisierte. Der Film selbst ist verschollen, nur zwei kurze Fragemente des Drehbuches, die<br />

Walter Zadek im Berliner Tageblatt veröffentlichte 7 , geben einen unmittelbaren Eindruck in Balázs’<br />

Konzeption, die sich zwischen sozialem Engagement, neuer Sachlichkeit und expressionistischen<br />

Momenten bewegte. Der Film, der noch 1926 in die Kinos k<strong>am</strong>, entbehrte freilich auch nicht<br />

traditioneller Handlungselemente, die den „dokumentarische[n] Charakter seines<br />

Querschnittmusters“ 8 verwischten, wie Siegfried Kracauer später monierte: „[D]ie Abfolge der<br />

Episoden resultiert aus zwei divergierenden Tendenzen, von denen nur eine dem Querschnittsprinzip<br />

entspricht, während die andere es unterläuft“. 9<br />

Balázs selbst hatte den weiterwirkenden Begriff des „Querschnittfilmes“ in einem Artikel über den<br />

Film geprägt, ein Film, in dem ein Geldschein, der von Hand zu Hand geht, Episoden und städtische<br />

Milieus aneinanderreiht, von der Fabrik bis zum Nachtklub, vom Lumpens<strong>am</strong>mler bis zum<br />

Arbeits<strong>am</strong>t, vom Musiker bis zur Pfandleihe, vom Bettler zu einem Krankenhaus, bis er schließlich zu<br />

dem jung verliebten Glück eines Arbeiterpärchens und ihrer bescheidenen Laube <strong>am</strong> Rande Berlins<br />

seinen Weg findet. Er wollte, so schrieb Balázs, „einen Vorstoß in eine neue Dimension versuchen<br />

und einen Querschnitt des Lebens zeigen“. Der Film „kann im wortwörtlichen Sinne eine Kunst der<br />

Welt-Anschauung werden, weil er das Nebeneinander der breitesten Lebensfront - so schnell, daß<br />

es noch gleichzeitig wirken kann - aufzurollen vermag. [...] Es entsteht das Empfinden einer<br />

5<br />

Noch im selben Jahr erschien bei Wilhelm Knapp in Halle eine zweite Ausgabe des Buches.<br />

6<br />

Ab 1926: Filmtechnik.<br />

7<br />

„Wie schreibt man Filmmanuskripte?“, in: Berliner Tageblatt, Nr. 489, 16.10.1926.<br />

8<br />

Siegfried Kracauer, Von Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films [= Schriften.<br />

Band 2. Hg. von Karsten Witte]. <strong>Frankfurt</strong> <strong>am</strong> <strong>Main</strong>: Suhrk<strong>am</strong>p, 1979, S. 191.<br />

9<br />

Ebd., S. 192.<br />

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