12.12.2012 Aufrufe

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ek<strong>am</strong>“ 148 , die „Aufzugsmaschine“, die ein Gesicht hat, „das unheimlich ist wie eine<br />

Gewitterwolke“ 149 , die Landschaft, die so gezeigt wird, wie der „hypnotische Blick eines Mannes<br />

oder das verführerische Lächeln eines schönen Weibes“. 150 So lassen sich im Film aus dem optisch<br />

vorgefundenen Material beliebige symbolische Gestalten komponieren. „Das Entscheidende dabei für<br />

den Film ist, daß alle Dinge, ohne Ausnahme, notwendigerweise symbolisch sind. Denn alle Dinge<br />

machen auf uns, ob es uns bewußt wird oder nicht, einen physiognomischen Eindruck.“ 151<br />

Die „irrationelle Flucht der Bilder“ 152 , einer nächtlichen Straße etwa, deren „gespenstisch-<br />

unkörperliche Atmosphäre“ 153 an das Schattenhafte von Traumgesichten erinnern soll, öffnet dem<br />

Zuschauer das „Gehäuse des Lebens“. 154 Indem sich die Zeit ausdehnt wird sie zum Raum, in den<br />

die K<strong>am</strong>era eindringt, und in den sie den Zuschauer entführt.<br />

Diese flüchtige Film-“Substanz“ der Traumbilder, den Pansymbolismus eines halluzinatorischen<br />

Blicks hat Balázs später in der Jugend eines Träumers noch einmal autobiographisch, als<br />

Wahrnehmungswelt seiner Kindheit, thematisch gemacht. „Halluzinationen stellen sich wie Dinge<br />

unter die Dinge, und Wirkliches schaute ich mit dem Schauer des Traums. Es wäre schwer gewesen,<br />

eine genaue Grenze zwischen innen und außen zu ziehen.“ 155 Im Traum begegnet Balázs einer Welt,<br />

in der innere und äußere Bilder aus derselben Substanz zu bestehen scheinen, gleich imaginär und<br />

gleich wirklich.<br />

„Im Traum sehe ich einen Bekannten, aber der ist eigentlich ein anderer. Oder ich bin in einem Wald,<br />

aber der sieht wie ein Zimmer aus. Oder ich schwimmme im Wasser, aber es ist nicht naß; es ist<br />

eigentlich gar kein Wasser. Die Gestalt der Traumdinge scheint nur eine Maske zu sein, die etwas<br />

anderes birgt. Sie scheint eines und zugleich ein anderes zu sein.“ 156 Auch im Wachzustand würde<br />

das Kind die Dinge oft nur als Metapher für ein Gefühl wahrnehmen. Doch das, was die<br />

Erwachsenen nur als Symbol gelten lassen, mit anderen Worten, als Bedeutungsstellvertreter in einen<br />

147<br />

Ebd.<br />

148<br />

Ebd., S. 101.<br />

149<br />

Béla Balázs, „Explosion“, in: ders., Schriften zum Film. Band 1, S. 187 [zuerst in: Der Tag, 6.4.1923].<br />

150<br />

Balázs, „Der sichtbare Mensch“, S. 100.<br />

151<br />

Ebd., S. 103. Die von Balázs selbst beschriebenen Beispiele für das „Gesicht der Dinge“ weisen darauf hin, dass<br />

es ihm dabei keineswegs um eine unmittelbare Ähnlichkeit der Gestalt geht, wie Gertrud Koch es in ihrer<br />

Interpretation von Balázs’ Anthropomorphismus nahelegt. Sie führt die Verwandlung der Fenster eines<br />

Lastwagens (Hitchcock, THE LODGER) oder eines Hauses (Tati, MON ONCLE) in sich bewegende Augen als<br />

Beispiel für die Tendenz des Filmes an, die „tote Welt der Objekte in einen animistischen Kosmos zu verwandeln,<br />

in reinen Ausdruck“ (Koch, „Die Physiognomie der Dinge“, S. 74f.).<br />

152<br />

Béla Balázs, „Die Straße“, in: ders., Schriften zum Film. Band 1, S. 281 [zuerst in: Der Tag, 18.3.1924].<br />

153 Ebd.<br />

154 Ebd., S. 282.<br />

155 Balázs, Die Jugend eines Träumers, S. 25.<br />

156 Ebd., S. 26.<br />

376

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!