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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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schlechthin, zum „Urbereich der Gebärde“, zum „Urreich“ der „Urleidenschaften“ 17 , in dem<br />

Bewegung und Sprache eins geworden ist: „Atem, nicht Worte.“ 18<br />

Nicht viel anders ist 1922 bei Walter Bloehm, in Seele des Lichtspiels, ostinat von „Urinstinkten“<br />

die Rede, aus denen der Siegeszug des Lichtspiels begriffen werden müsste, von den<br />

„ursprüngliche[n] Quellen unsres Lebens“, dem Schauen und Fühlen der „Urgeschlechter“ die im<br />

Kino wieder erweckt würden 19 , vom „Urquell rätselhafter Körperwünsche“ 20 , vom „Urgefühl, das<br />

aus den Sinnen zur Seele steigt“ 21 , vom „Urtrieb“ und „Urgefühl“, vom „Urdichter“ und „Urgestalter“.<br />

Das Pathos dieser Suche nach den Ursprüngen, nach festem Grund unter den Sphären des Scheins,<br />

verrauchte bald. In Rudolf Kurtz’ Buch über Expressionismus und Film hieß es 1926 schon<br />

nüchterner, das Kino erfülle eine „Urfunktion [...] im Haushalt menschlicher Energiewirtschaft“. 22 Da<br />

schaute die neue Sachlichkeit zurück auf die Ekstasen des Expressionismus.<br />

11.2 Zu einer „visuellen Kultur“<br />

Im Herbst 1922 tritt Béla Balázs zum ersten Mal als Autor über den Film auf den Plan. Die Zeitung<br />

Die Rote Fahne in Berlin, deren außenpolitischer Redakteur Béla Fogarasi geworden ist 23 ,<br />

veröffentlicht seinen Aufsatz „Der revolutionäre Film“ 24 , in dem Balázs für ein pathetisches,<br />

phantastisch-abenteuerliches und suggestives proletarisches Kino, für den richtigen Gebrauch des<br />

„verführerischen Zauber der Fabel“ plädiert: „Wir haben ja schon unseren heroischen<br />

Legendenschatz im Spartakus-Aufstand, im finnischen Revolutionsk<strong>am</strong>pf, in der Münchener und<br />

Ungarischen Diktatur. Das stürmisch Bewegte, das monumental Bildhafte, das überraschungsreich<br />

Verwickelte dieser Begebenheiten (und dazu noch das unverbraucht Neuartige des Gegenstandes)<br />

überbieten alles, was der bürgerliche Film in seinen Detektivgeschichten, Königsdr<strong>am</strong>en,<br />

Indianerjagden und orientalischen Fabeln aufzuweisen vermag.“ 25 Doch die KPD tat sich schwer mit<br />

17<br />

Ebd., S. 171.<br />

18<br />

Ebd., S. 172.<br />

19<br />

Walter Bloehm d.J., Seele des Lichtspiels. Ein Bekenntnis zum Film. Leipzig/Zürich: Grethlein & Co, 1922, S. 10.<br />

20<br />

Ebd., S. 9.<br />

21<br />

Ebd., S. 11.<br />

22<br />

Rudolf Kurtz, Expressionismus und Film. Berlin: Verlag der Lichtbildbühne, 1926, S. 126.<br />

23<br />

Im März 1922 hatte Balázs im Tagebuch davon geschrieben, und: dass die „ganze deutsche Bewegung“ Lukács<br />

und ihn rufen würde (Balázs, Napló 1914-1922, S. 505. Eintrag vom 11.3.1922).<br />

24<br />

Béla Balázs, „Der revolutionäre Film“, in: ders., Schriften zum Film. Band 1, S. 147-149 [zuerst in: Die Rote<br />

Fahne, 10.10.1922].<br />

25 Balázs, „Der revolutionäre Film“, S. 148f.<br />

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