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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Metz spricht von dem Glück, dass den Zuschauer offenbar erfasst, wenn „aus Zufall“ die<br />

Übereinstimmung zwischen den geschauten Bildern und der eigenen Phantasie im Kino so weit geht,<br />

dass sie der Zuschauer als „Gefühl eines kleinen Wunders“ erlebt, als „Freude, die darin liegt, aus<br />

der Außenwelt Bilder zu empfangen, die üblicherweise innere sind“, die Freude also, „in ihnen etwas<br />

beinahe realisierbares zu entdecken“. 132 Es ist dies ein Moment der lustvoll empfundenen, wenn auch<br />

schwankenden Illusion, dem sich selbst nicht ganz vertrauenden Glauben, dass die Träume wahr<br />

werden könnten.<br />

Doch vielleicht ist es mehr als bloß das: Metz selbst gibt an anderem Ort einen Hinweis darauf,<br />

welchen Status diese „wirklich“ gesehenen Halluzination des Kinos für den Zuschauer besitzen<br />

könnten. In The Imaginary Signifier beschreibt Metz die Anordnung der Projektion des Kinosaals:<br />

„An apparatus the spectator has behind him, at the back of his head, that is, precisely where<br />

phantasy locates the ‘focus’ of all vision.“ 133 Und er weist darauf hin, dass im Französischen die<br />

entsprechende Formulierung „derrière la tête“ sowohl „hinter dem Kopf“, als auch „an der Rückseite<br />

meines Bewußtseins, bzw. meiner Gedanken“ bedeuten kann.<br />

So fällt in der Wahrnehmung des Zuschauers, in dem Gefühl, das Bild selbst auf die Leinwand zu<br />

projizieren, Projektor und Leinwand, also Projektion und Reflektion, und d<strong>am</strong>it auch die K<strong>am</strong>era in<br />

eins: „Releasing it, I <strong>am</strong> the projector, receiving it, I <strong>am</strong> the screen; in both these figures together, I<br />

<strong>am</strong> the c<strong>am</strong>era, which points and yet which records.“ 134<br />

D<strong>am</strong>it nicht genug: Indem das Kino d<strong>am</strong>it die Apparatur, die es konstituiert, den Prozess der<br />

Herstellung des Films und seiner Wahrnehmung zum verschwinden bringt, gibt er dem<br />

Kinozuschauer das Gefühl, dass er selbst das Subjekt des Ganzen sei, „but in a state of emptiness<br />

and absence, of pure visual capacity“. 135 Doch an dieser Stelle bleibt Metz stehen.<br />

132 Ebd., S. 1039. Baudry spricht von einer „Simulationsmaschine [...], die in der Lage ist, dem Subjekt<br />

Wahrnehmungen darzubieten, die die Eigenschaften von Vorstellungen haben, welche als Wahrnehmungen<br />

aufgefasst werden“. (Baudry, „Das Dispositiv:“, S. 1071) Baudry interpretiert, und d<strong>am</strong>it schließt sich für ihn der<br />

Kreis zu Platons Höhlengleichnis, das Kino als Ausdruck des Verlangens des Subjekts, „Maschinen zu<br />

produzieren“, die „in der Lage sind, ihm sein Funktionieren im Ganzen darzustellen, und zwar durch nachahmende<br />

Apparate, die jenen Apparat simulieren, der es selber ist“ (ebd., S. 1073f.). Das Subjekt simuliert sich selbst als<br />

Subjekt. Und dabei möchte es nicht gerne gestört werden.<br />

133 Metz, The Imaginary Signifier, S. 49.<br />

134 Ebd., S. 51.<br />

135 Metz, The Imaginary Signifier, S. 96.<br />

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