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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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halluziniert, was wirklich da war, was es im selben Augenblick tatsächlich wahrnahm: die Bilder und<br />

Töne des Films.“ 128<br />

Der Kinozuschauer weiß, dass er nicht träumt, sondern sieht, und dennoch ist seine Realitätsprüfung<br />

so stark gemindert, dass die Bilder, die auf der Leinwand erscheinen, wie ein Traum wahrgenommen<br />

werden. Es sind Bilder, die nicht der Primärprozess hervorgebracht hat, sondern die sekundäre<br />

Bearbeitung, in denen zwar alles als symbolisch empfunden wird, die aber dennoch keineswegs die<br />

Absurdität von Traumbildern annehmen. Es sind Bilder, die einer Realität entnommen sind, deren<br />

Kohärenz und narrative Struktur bei aller Phantastik fast immer einer der Wirklichkeit ähnelnden<br />

Logik gehorchen. Was bedeutet dies aber für die Besetzung dieser Bilder durch einen wachen<br />

Zuschauer, dessen Selbstkontrolle geschwächt, dessen Ego betäubt, dessen Motilität gelähmt ist?<br />

Morin und Metz bringen jeweils auf unterschiedliche Weise schließlich den Tagtraum ins Spiel, den<br />

„gelenkten Wachtraum“ 129 , um „dieses theoretische Monstrum“ zu verstehen, „das ein Traum sein<br />

soll, bei dem die sekundäre Bearbeitung beinahe alles allein gemacht hat, ein Traum, bei dem der<br />

Primärprozeß nur ein heimliche und unregelmäßige Rolle spielt, die Rolle eines Breschenöffners, die<br />

Rolle eines Entwichenen: kurz gesagt, ein Traum wie das Leben“. 130<br />

Der Tagtraum, also die selbsthervorgebrachten Halluzinationen, die Träumerei, die bewusste<br />

Phantasie, in der man seinen Wünschen nachhängt, ähnelt dem Kino, wie Metz feststellt, vor allem in<br />

zweierlei Hinsicht: in der logischen Kohärenz der Bilder und dem verwandten Grad des Wachseins.<br />

Doch zugleich ist die Intensität des Erlebens im Kino gegenüber dem Tagtraum deutlich gesteigert,<br />

während anders als im Tagtraum kein realer Einfluss auf die halluzinierten Bilder, keine<br />

Eingriffsmöglichkeit besteht.<br />

So bleibt Metz schließlich <strong>am</strong> Ende nur eine vage Bestimmung jener besonderen<br />

Bewusstseinseinstellung, „die sich weder mit der des Traums noch mit der des Tagtraums und der<br />

realen Wahrnehmung vermischt, sondern ein wenig von allen dreien abhängt und sich sozusagen<br />

mitten in dem Dreieck einrichtet, das sie bilden“. 131<br />

128 Ebd.<br />

129 Morin, Der Mensch und das Kino, S. 189.<br />

130 Metz, „Der fiktionale Film und sein Zuschauer“, S. 1026.<br />

131 Metz, „Der fiktionale Film und sein Zuschauer“, S. 1044.<br />

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