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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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einzelnen tatsächlich eine abgekürzte, durch die zufälligen Lebensumstände beeinflußte Wiederholung<br />

ist.“ 111<br />

Freud beschreibt das Wesen der Halluzination als Umkehrung des Weges, den das Bild von der<br />

Realität zur Vorstellung zurücklegt. „Wir heißen es Regression, wenn sich im Traum die Vorstellung<br />

in das sinnliche Bild rückverwandelt, aus dem sie irgendeinmal hervorgegangen ist.“ 112<br />

Freuds Interpretation des Traumvorgangs als Form regressiver Wunscherfüllung geht davon aus,<br />

dass unterschiedliche Faktoren beim Zustandekommen dieser Halluzination, einer aus dem<br />

Bewusstsein projizierten Wahrnehmung beteiligt sind: die Tagesreste, Tagesgedanken, die der<br />

Träumer mit in den Schlaf genommen hat, und im Unterbewussten schlummernde, infantile Wünsche,<br />

die nicht artikulierbar sind, denen oft genug eine bedrohliche Seite eigen ist, die Wunsch und Angst in<br />

den Träumen miteinander vermengt. Von „Wunschträumen“ zu sprechen, hieße denn auch, Freud<br />

Gedanken unzulässig zu verkürzen.<br />

Der Tagesgedanke, die Tagesreste spielen, so macht Freud dieses Modell anschaulich, die Rolle des<br />

Unternehmers, der sozusagen die Idee, die Geschichte, das anschauliche Material zu dem Traum<br />

liefert. Der Wunsch aus dem Unbewussten spielt die Rolle des Kapitalisten, der den psychischen<br />

Aufwand bereitstellt, weniger also den „Inhalt“ des Traums, als die Energie liefert, die nötig ist, um<br />

die gegenseitige Übertragung zu ermöglichen und die Richtung der Besetzung von der Wahrnehmung<br />

zu den Systemen des Bewusstseins umzukehren. 113 Der Wunsch fordert das Wiedererscheinen der<br />

Wahrnehmung, die halluzinierten Bilder werden besetzt von der Erregung des Bedürfnisses her.<br />

„Diese erste psychische Tätigkeit zielt also auf eine Wahrnehmungsidentität, nämlich auf die<br />

Wiederholung jener Wahrnehmung, welche mit der Befriedigung des Bedürfnisses verknüpft ist.“ 114<br />

111<br />

Ebd., 524. (Diesen Absatz hat Freud erst 1919 hinzugefügt.)<br />

112<br />

Ebd., S. 519.<br />

113<br />

Vgl. ebd., S. 534f.<br />

114<br />

Ebd., S. 539. Freud unterscheidet diese Form der halluzinatorischen Wunscherfüllung von der des „Denkens“<br />

in ähnlicher Weise, wie Magie und wissenschaftliche Technik einander gegenüberstehen: Denken erscheint von<br />

der Ökonomie des Wunsches her wie ein „Umweg zur Wunscherfüllung“, als „Ersatz des halluzinatorischen<br />

Wunsches“ (S. 540).<br />

„Der Primärvorgang strebt nach Abfuhr der Erregung, um mit der so ges<strong>am</strong>melten Erregungsgröße eine<br />

Wahrnehmungsidentität (mit dem Befriedigungserlebnis) herzustellen; der Sekundärvorgang hat diese Absicht<br />

verlassen und an ihrer Statt die andere aufgenommen, eine Denkidentität zu erzielen. Das ganze Denken ist nur<br />

ein Umweg von der als Zielvorstellung genommenen Befriedigungserinnerung bis zur identischen Besetzung<br />

derselben Erinnerung, die auf dem Wege über die motorischen Erfahrungen wieder erreicht werden soll. Das<br />

Denken muß sich für die Verbindungswege zwischen den Vorstellungen interessieren, ohne sich durch die<br />

Intensitäten derselben beirren zu lassen.“ (S. 571)<br />

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