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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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anderer ausübt (Regisseur, K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann), erfährt er als eigene, Ohnmacht und Allmacht fallen<br />

zus<strong>am</strong>men, das vollendete technische Gerät wird zur Real-Figur des menschlichen Blicks.“ 90<br />

Hans Richter hat diesen hypnotischen, ja diktatorischen Zug des Mediums als eine „technische<br />

Bedingung des Films“ gebrandmarkt, die einem fortschrittlichen, „gesellschaftlich verantwortlichen<br />

Film“ im Wege stünde. „Denn im Kino ist dem Zuschauer eine freie Assoziation zu den Vorgängen<br />

auf der Leinwand kaum möglich. Da der Film zeitlich und räumlich in jeder Sekunde irgendwohin<br />

springen kann und zu Sprüngen, seiner Technik nach geneigt ist, kann der Zuschauer nicht einen<br />

Augenblick in seiner Konzentration nachlassen - sonst droht ihm ein Teil der Geschichte, des Sinns<br />

zu entgehen.“ 91 So sei der Zuschauer der Moral der Filmerzählung ausgeliefert. Doch worin besteht<br />

die „Moral“ des Films, wenn nicht gerade in dieser als Allmacht empfundenen Ohnmacht des<br />

Zuschauers, der Preisgabe an ein imaginäres Subjekt-Objekt, dessen Vision, dessen Traum sich der<br />

Zuschauer zu eigen macht, so als wäre es sein eigener.<br />

10.4 Die Leinwand der Träume<br />

„Der Kinobesucher folgt den Bildern auf der Leinwand in einem traumartigen Zustand“ 92 , schreibt<br />

Siegfried Kracauer in der Theorie des Films. Und er formuliert d<strong>am</strong>it nur einen Gemeinplatz der<br />

Kinotheorie. Auch Edgar Morin beschreibt das Kino wie einen Traum. „Der Film führt die Welt des<br />

Traumes mitten in die filmische Welt des Wachzustandes“ 93 :<br />

„Wir treten in die Dämmerung einer künstlichen Höhle. Tanzend fällt leuchtender Staub auf eine<br />

Leinwand; unsere Blicke verlieren sich in ihm; er nimmt Körper und Leben an; er zieht uns mit sich in<br />

ein schweifendes Abenteuer: Wir überwinden Zeiten und Räume, bis eine feierliche Musik die<br />

Schatten von der wieder weiß gewordenen Bildwand verscheucht hat. Wir gehen hinaus, und wir<br />

sprechen über Vorzüge und Fehler eines Films.“ 94<br />

90 Lehmann, „Die Raumfabrik“, S. 583.<br />

91 Richter, Der K<strong>am</strong>pf um den Film, S. 119.<br />

92 Kracauer, Theorie des Films, S. 393. Vgl. auch ebd. S. 222ff.<br />

93 Morin, Der Mensch und das Kino, S. 92. Morin versichert sich der Evidenz dieser Beziehung seinerseits durch<br />

Zitate: „‘Kino ist Traum’ (Michel Dard). ‘Es ist ein künstlicher Traum’ (Théo Varlet). ‘Ist das Kino nicht auch ein<br />

Traum?’ (Paul Valéry). ‘Ich gehe ins Kino, wie ich einschlafe’ (Maurice Henry). ‘Es hat den Anschein, als wären<br />

die beweglichen Bilder speziell zu dem Zweck erfunden worden, uns die Sichtbarwerdung unserer Träume zu<br />

ermöglichen’ (Jean Tédesco).“ (Ebd., S. 12)<br />

94 Morin, Der Mensch und das Kino, S. 7.<br />

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