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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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wie auch die übrigen Objekte des Films überhaupt erst herstelle. „Thus the spectator identifies less<br />

with what is represented, the spectacle itself, than with what stages the spectacle, makes its seen,<br />

obliging him to see what it sees; this is exactly the function taken over by the c<strong>am</strong>era as a sort of<br />

relay.“ 79<br />

Identifikation mit der K<strong>am</strong>era bedeutet hier nicht Identifikation mit dem „Künstler hinter der<br />

K<strong>am</strong>era“, wie Eisenstein Balázs 1926 unterstellte (und darüber wird noch zu sprechen sein), sondern<br />

mit dem Apparat des Kinos, seiner ges<strong>am</strong>ten Anordnung, der Herstellung wie der Projektion.<br />

Identifikation mit der K<strong>am</strong>era heißt Identifikation mit dem Subjekt des Films, das von seinen Bildern<br />

vollständig absorbiert, unsichtbar gemacht worden ist. An seine Stelle tritt der Zuschauer selbst. „Der<br />

Zuschauer, libidinös mit sich selbst als reiner Kraft der Wahrnehmung identifiziert, wird ganz Auge<br />

[...].“ 80<br />

Schon Georg Simmel hatte davon gesprochen, dass es nichts gäbe, das „so unbedingt an seinem<br />

Platz verweilend, sich so über ihn hinauszuerstrecken scheint“, wie das Auge: „[E]s bohrt sich ein, es<br />

flieht zurück, es umkreist einen Raum, es irrt umher, es greift wie hinter den begehrten Gegenstand<br />

und zieht ihn an sich.“ 81 Das Auge vollbringt den ersehnten Durchbruch durch den hermetischen<br />

Bilderrahmen, der die organische Vollkommenheit der Kunst vom empirischen, entfremdeten<br />

Lebensprozess trennt. Es öffnet die Welt der Symbole einer unmittelbaren Aneignung. Indem es den<br />

imaginären Raum durchmisst, verschlingt es ihn, und er bleibt dennoch intakt. Das Auge ist in den<br />

Dingen, die es wahrnimmt, und es hält dennoch Distanz, es erfüllt den Wunsch und lässt, wie<br />

Christian Metz schreibt, das Begehren bestehen, es konstituiert ein imaginäres Objekt, denn die<br />

realen Objekte sind doch immer nur ein Ersatz für ein „verlorenes Objekt“, dessen Abwesenheit<br />

nicht zu überwinden ist. 82 Gert Mattenklott beschreibt diese „Augenlust“ wie folgt: „Es gibt ein<br />

Bedürfnis nach Einverleibung, dessen originäres Organ die Augen sind. Essen, Trinken, Sexualität<br />

können dieses Bedürfnis nur ins Uneigentliche verschoben befriedigen, allenfalls vertretend, nie<br />

buchstäblich.“ 83 Die Augenlust richtet sich auf Bilder, denn nur diese können einverleibt werden und<br />

zugleich erhalten bleiben. „Denn nicht nur bleibt das Einverleibte nur lebendig, wenn es Bild ist, auch<br />

79<br />

Baudry, „Ideological Effects of the Basic Cinematographic Apparatus“, S. 45.<br />

80<br />

Lehmann, „Die Raumfabrik“, S. 582.<br />

81<br />

Simmel, „Die ästhetische Bedeutung des Gesichts“ [1901], in: ders., Das Individuum und die Freiheit, S. 144.<br />

82<br />

Siehe Metz, The Imaginary Signifier, S. 58ff.<br />

83<br />

Gert Mattenklott, „Das gefräßige Auge“, in: Merkur, Jg. 35, H. 12 (1981), S. 1256.<br />

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