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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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überwinden sollen, nächtlichen Wanderungen im Wald, in denen man im Dunkeln den Dingen<br />

ausweichen muss, Hindernisrennen auf Schlittschuhen, Fechtsport, Langstreckenschimmen und<br />

Turmspringen. „Sie haben ein kleines Abenteuer gehabt? Wenn man so zuweilen <strong>am</strong> Tod<br />

vorbeispringt, fühlt man das Leben erst richtig.“ 18 Immer wieder beschreibt Balázs bedrohliche<br />

Situationen, in die er sich selbst gebracht hat. Einmal schwimmt er eine längere Strecke die Theiss<br />

stromaufwärts. Er versucht zwischen zwei Schleppern hindurchzuschwimmen, die an einem<br />

gemeins<strong>am</strong>en Anker vertäut liegen. Doch der Engpass zwischen den beiden Objekten wird ihm<br />

beinahe zum Verhängnis. Die Strömung nimmt zu, das Wasser, das ihm sonst vertrautes, nämlich<br />

leeres homogenes Medium seiner Bewegung ist, setzt ihm plötzlich unerwarteten Widerstand<br />

entgegen. „In diesem Augenblick spürte ich eine klebrige Berührung an meiner rechten Schulter.“ 19<br />

Das klebrige Objekt, das ihn festzuhalten droht, ist einer der beiden teerbeschmierten Schlepper, die<br />

vom Wind gegeneinander getrieben werden, und ihn zu zerdrücken drohen. „Ich blickte nach oben:<br />

zwei beteerte, klebrig schwarze, steile hohe Wände ragten rechts und links von mir, darüber ein<br />

schmaler Streifen Himmel, der immer schmäler wurde.“ 20 In Balázs’ Schilderung wird aus der<br />

Situation die philobatische Angstphantasie schlechthin. Im letzten Augenblick wird er gerettet.<br />

Solange es hingegen gelingt, solche klebrigen Berührungen zu vermeiden, den Objekten<br />

auszuweichen, ist solchen Situationen ein lustvoller Schwindel eigen, ein Sich-fallen-lassen in einen<br />

Schwebezustand, der mit ausgefeilten Techniken erreicht und aufrechterhalten wird - so, wie ein Pilot<br />

seine Maschine beherrschen, sich eins mit ihr fühlen muss, um den ersehnten Schwebezustand im<br />

Raum zu erleben und zu überleben. Balázs schildert in der Jugend eines Träumers auch einen seiner<br />

„Abstürze“. Er galt als bester Schlittschuhläufer der Jugend von Löcse, gewann schon mit elf Jahren<br />

sein erstes Hindernisrennen, „mit dem Glücksgefühl des wahrhaftigen Fliegens“. 21 Doch bei einer<br />

besonders gewagten Steilabfahrt verliert er die Kontrolle. „Ich wußte, daß ich stürzen mußte. Aber<br />

daß es böse enden konnte, war für mich nicht denkbar. Ich fühlte nur einen trunkenen Taumel, jenes<br />

gläubige ‘Sich-Überlassen’. Ich hatte mir den Schädel eingeschlagen, Gesicht und Hände blutig<br />

geschunden. Man trug mich nach Hause.“ 22<br />

18 Balázs, Die Jugend eines Träumers, S. 284.<br />

19<br />

Ebd., S. 279.<br />

20<br />

Ebd.<br />

21<br />

Ebd., S. 67.<br />

22<br />

Ebd., S. 68.<br />

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