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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Menschen <strong>am</strong> Ufer im “richtigen Himmelblau” seines Bretts eine Spiegelung des Himmels sehen und<br />

glauben, der Junge - der doch tatsächlich auf seinem Traumbild dahertreibt - schwebe auf dem<br />

Wasser, beginnen sie ihn als Heiligen zu verehren.<br />

Nach einigen Verwicklungen gelungt es ihm endlich nach Hause zurückzukehren. Balázs’<br />

Alltagsmärchen endet mit dem Abschluss von Franzls Initiation, dem Erwerb der Geschlechtsreife:<br />

Drei Jahre noch trägt Franzl seine kurzen Kinderhosen, auf denen sich noch ein letzter Fleck des<br />

“richtigen Himmelblau” gehalten hat, verborgen vor allen Blicken. Doch dann findet er in Gretes<br />

blauen Augen neues Glück, schöner als das “richtige Himmelblau”, und er nimmt von seinen kurzen<br />

Hosen (dem Symbol für die geschlechtliche Unreife) Abschied.<br />

Am Ende des Jahres 1921, nach der rauschhaften Arbeit an den chinesischen Märchen und ein paar<br />

Tagen der Erholung in Reichenau, tritt der Film durch einen Zufall erneut an ihn heran, und er wird ihn<br />

nun nicht mehr loslassen. Karl Polányi vermittelt ein Filmprojekt an ihn, zu dem schon ein<br />

unbrauchbares Skript existiert. Und natürlich auch: Zeitdruck. Diesmal soll Balázs es innerhalb von<br />

24 Stunden schaffen. Für 30.000 Kronen überarbeitet er das Drehbuch über den kläglichen<br />

gescheiterten Putsch des Karl von Habsburg, der 1921 versucht hatte, auf den ungarischen Thron<br />

zurückzukehren. Balázs lässt sich auch für den “Regietrupp anheuern [...]. Ich habe einigermaßen das<br />

Metier des Regisseurs erlernt, Einblick gewonnen in den Betrieb der Filmfabrikation und auch ‘ein<br />

Gefühl für die Materie’, so dass ich von nun an, will ich wirklich Film schreiben, das auch kann.” 72<br />

Hans Otto Löwenstein, der Regisseur des Films, bestellt weitere Szenarien von Balázs. 73 Balázs<br />

klagt darüber, wie lieblos mit seinen Texten umgegangen wird, “dass aus allem ein unverständlicher<br />

Unsinn wird. (Es scheint, sogar beim Kino ist dies mein Schicksal.)” 74 Er betrachtet das Schreiben<br />

für den Film zunächst vor allem als Broterwerb, sucht Kontakte in der Filmbranche, hält sich im Cafe<br />

Filmhof auf, wo Regisseure, Autoren und Produzenten sich treffen, und hat endlich das Geld, sich<br />

eine Schreibmaschine zu kaufen. Er ist überrascht, wie leicht, wie mühelos die “Nebenbegabung”<br />

71 Als Beleg dafür nennt er aber nur eine Information, die er von Tibor Gergely, Anna Lesznais Mann, 1976<br />

erhalten haben soll. Tibor Gergely hatte 1925 die Erstausgabe von Das richtige Himmelblau illustriert (Béla<br />

Balázs, Das richtige Himmelblau: 3 Märchen. München: Drei Masken Verlag, 1925).<br />

72 Ebd., S. 496. Eintrag vom 11.3.1922.<br />

73 Nach dem Film KAISER KARL, der noch 1921 produziert wird, entsteht im nächsten Jahr der Film DER<br />

UNBEKANNTE AUS RUSSLAND, eine Spionagegeschichte.<br />

74 Balázs, Napló 1914-1922, S. 497. Eintrag vom 11.3.1922.<br />

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