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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Im Westen kommt es nun zu bewaffneten Bauernrevolten, die von Tibor Sz<strong>am</strong>uely blutig<br />

niedergeschlagen werden. Kun schickt unterdessen sechs Divisionen gegen Rumänien ins Feld, doch<br />

die Führung von drei von ihnen beginnt, mit Agenten der Gegenregierung in Szeged zu konspirieren.<br />

Während der vergangenen Monate hatte sich Kun eine entscheidende Wendung durch die in der<br />

Ukraine vorrückenden sowjetischen Armeen erhofft, mit denen in der Slowakei eine Verbindung<br />

aufgebaut werden sollte. Der sowjetische Vormarsch war Ende März zunächst in diese Richtung<br />

umgeleitet worden, aber bald darauf ins Stocken geraten. Immer wieder hatten die Ungarn Moskau<br />

um eine Verstärkung der militärischen Anstrengungen ersucht. Kun ergeht sich gegenüber Lenin in<br />

Vermutungen über mögliche gezielte Sabotage; Beschuldigungen, die Lenin brüsk zurückweist. Im<br />

Mai ist klar, dass mit einer Begegnung zwischen den Ungarn und einer durch die Ukraine bis zur<br />

Slowakei vorstoßenden sowjetischen Armee nicht mehr zu rechnen ist.<br />

Ende Juli, die Rätediktatur ist im Innern schon in weitgehender Auflösung begriffen, sendet Béla Kun<br />

einen letzten Hilferuf an Lenin und fordert ultimativ einen sowjetischen Entlastungsangriff auf das<br />

rumänische Bessarabien. Die Antwort, die er <strong>am</strong> 31. Juli erhält, ist ernüchternd. Endre Rudnyánszky<br />

kabelt ihm: „Wir tun unser möglichstes um unseren ungarischen Freunden zu helfen, aber unsere<br />

Kräfte sind schwach.“ 203<br />

Am 1. August treffen sich der Rat der Volkskommissare und die Partei-Exekutive zu einer<br />

gemeins<strong>am</strong>en Sitzung und beschließen, gegen die Forderung Tibor Sz<strong>am</strong>uelys, den bewaffneten<br />

K<strong>am</strong>pf fortzusetzen, ihren Rücktritt und die Übergabe der Regierung an ein gemäßigt<br />

sozialdemokratisches Kabinett. Béla Kun hält vor den Budapester Arbeiter- und Soldatenräten eine<br />

letzte Ansprache. „Das Proletariat, das unzufrieden war mit unserer Regierung, das, trotz aller<br />

Agitation, in seinen eigenen Fabriken ausrief ‘Nieder mit der Diktatur des Proletariats’, wird noch<br />

unzufriedener sein, mit allen Regierungen der Zukunft. [...] Nun sehe ich, dass unser Experiment, die<br />

proletarischen Massen dieses Landes zu klassenbewussten Revolutionären zu erziehen vergebens<br />

war. Dieses Proletariat braucht die unmenschlichste und graus<strong>am</strong>ste Diktatur der Bourgeoisie um<br />

revolutionär zu werden.“ 204<br />

Béla Kun hatte zu diesem Zeitpunkt schon einen safe-conduct ausgehandelt, der ihm und einem<br />

handverlesenen Kreis von Getreuen die sichere Ausreise nach Wien unter diplomatischer Immunität<br />

garantierte. Zu den wenigen Führern der Rätediktatur, die von ihm zurückgelassen wurden, gehört<br />

203 Zit. nach Tökés, Béla Kun and the Hungarian Soviet Republic, S. 203.<br />

204 Zit. nach ebd., S. 204.<br />

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