12.12.2012 Aufrufe

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Tätigkeit darf einer Kritik unterzogen werden, wer jedoch an der Amtstätigkeit eines Be<strong>am</strong>ten derart<br />

Kritik übt, daß er über seine Gedichte und Dr<strong>am</strong>en schimpft, ist entweder dumm oder bösartig und<br />

wirft in literarischer Verpackung eine politische Bombe.“ 180<br />

Es gibt kein vollständiges Bild davon, welche der Aktivitäten des Volkskommissariats für<br />

Unterrichtswesen im Einzelnen auf Balázs’ Mitwirkung zurückgehen. 181 Als Leiter der Abteilung für<br />

Literatur und Kunst ist Balázs auch für die Theater zuständig. Kassák erhält in diesem Bereich eine<br />

Assistentenstelle. Während Balázs den Aktivisten um MA ermöglicht, eine experimentelle Bühne für<br />

die Avantgarde einzurichten, lässt er ein breites Spektrum von klassischer und moderner<br />

Theaterliteratur zur Aufführung bringen, von Molière bis Strindberg, von Hebbel und Ibsen bis<br />

Hauptmann, von Gorki bis Shaw. Und er träumt von der Erweckung der Massenseele durch das<br />

Theater, als „heiliges Fest des Volkes“. 182 Die Illusionsbühne, die das im dunklen Zuschauerraum<br />

isolierte Individuum mit dem Theater konfrontiert, will er durch rituelle, „zeremonienschöne,<br />

posaunenartige“ 183 Offenbarungen ablösen, die Zuschauer als Masse mit sich selbst zur Identität<br />

bringen. Dieses Gemeinschaftserlebnis sei es, das die Arena-Bühne, die Zirkus-Aufführung dem<br />

Publikum schenken würde, wo das Publikum sich selbst als Masse sichtbar gegenübertritt. „Das<br />

Bühnenspiel ist also eine Schöpfung der Massenseele, einer Masse, die nicht aus den isolierten<br />

Atomen zus<strong>am</strong>mengerotteter Individuen besteht, sondern eine Masse, die in ihrer dionysischen<br />

Begeisterung wirklich zu einem einheitlichen Bewußtsein, zu einer Seele zus<strong>am</strong>mengeschweißt<br />

worden ist.“ 184<br />

Auch mit dem ungarischen Film kommt Balázs nun in Berührung. Dem Direktorium, das die<br />

Geschicke der verstaatlichten Filmproduktion anvertraut wurden, gehören neben Mihály Kertész<br />

(später: Michael Curtiz) auch Sándor Korda (später: Sir Alexander Korda) und László Vajda<br />

(später: Ladislaus Vajda) an, mit denen Balázs als Drehbuchautor noch zus<strong>am</strong>menarbeiten wird. Wie<br />

die Zeitschrift Vörös Film (Roter Film) <strong>am</strong> 19. April berichtet, sieht der Plan des<br />

Volkskommissariats auch eine Akademie zur Förderung junger Talente des Films vor. 185 Ein<br />

besonderes Engagement Balázs’ in diesem Bereich aber ist nicht überliefert.<br />

180<br />

Ebd., S. 93f.<br />

181<br />

Zsuffa, Béla Balázs, S. 78-87, gibt auf der Basis vieler zeitgenössischer ungarischer Quellen immerhin einen<br />

differenzierten Überblick. Vgl. auch Kettler, Marxismus und Kultur, S. 39ff.<br />

182<br />

Béla Balázs, „Das Theater des Volkes“, in: Die Neue Schaubühne, Jg. 1, H. 7 (1919), S. 201.<br />

183<br />

Ebd., S. 201f.<br />

184<br />

Ebd., S. 201.<br />

185<br />

Siehe Levin, „From Dialectical to Normative Specificity“, S. 37.<br />

297

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!