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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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unterbreitete neue Angebot als Falle und deklarierte die Rätediktatur zur Regierung der nationalen<br />

Verteidigung.<br />

Am 17. April eröffneten die rumänischen Truppen eine Offensive und innerhalb weniger Tage<br />

standen ihre Truppen nur noch etwa 100 Kilometer vor Budapest. Während sich in Szeged eine<br />

„weiße“, konterrevolutionäre Gegenregierung zu konstituieren begann, mobilisierten die Arbeiterräte<br />

in Budapest eine Armee von 50.000 Männern. Unter der Führung von Vilmos (Wilhelm) Boehm,<br />

einem gemäßigten Sozialdemokraten, wurden die rumänischen Truppen Anfang Juni bis hinter die<br />

Theiss zurückgedrängt. Und auch im Norden, wo eine Tschechische Offensive durch die Slowakei<br />

sich Budapest näherte, gingen die ungarischen Truppen erfolgreich zum Gegenangriff über.<br />

Auch der Stellvertretende Volkskommissar für das Unterrichtswesen, Georg Lukács, hatte<br />

Gelegenheit, sich an der rumänischen Front zu bewähren.<br />

Als Politkommissar der Fünften Division ließ Lukács acht Rotarmisten eines Bataillons erschießen,<br />

das dem rumänischen Angriff auf Tiszafüred keinen Widerstand entgegengesetzt hatte. „Und da habe<br />

ich“, so erzählt Lukács in Gelebtes Denken, „auf sehr energische Weise die Ordnung<br />

wiederhergestellt, das heißt, als wir nach Poroszló übersetzten, rief ich ein außerordentliches<br />

Kriegsgericht zus<strong>am</strong>men und ließ dort auf dem Marktplatz acht Leute dieses davongelaufenen<br />

Bataillons erschießen.“ 158 Wenn es einen Moment gab, in dem Lukács’ Leben seine entscheidende,<br />

unwiderufliche Wendung nahm, dann war es dieser. Von Poroszló führte kein Weg mehr zurück in<br />

eine bürgerliche Existenz. 159<br />

158 Lukács, Gelebtes Denken, S. 105.<br />

159 Vgl. dazu Istvan Eörsi, „The Unpleasant Lukács“, in: New German Critique, H. 42 (Herbst 1987), S. 10, sowie<br />

den Aufsatz von Daniel Bell, „Durch die Sünde zur Erlösung“, in: Die Zeit, Nr. 39, 18.9.1992, S. 77-79, der nicht frei<br />

von Häme ist. Eörsi hingegen erliegt, bei aller Kritik an Lukács, einer gewissen Neigung zur Apologetik, wenn er<br />

Lukács’ Verhalten an der Front als Konfrontation mit dem Paradox der Sünde „in extremely uncomfortable<br />

circumstances“ (S. 10) bezeichnet. Lukács hat in der beschriebenen Situation diese Konfrontation wohl auch<br />

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