12.12.2012 Aufrufe

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

politischen Polizei. Kun hörte nicht auf die Warnung aus Moskau, die Unabhängigkeit seiner Partei<br />

nicht aufzugeben. Rudolf Tökés zieht in seiner Analyse der kurzen Geschichte dieser Partei und der<br />

ungarischen Rätediktatur ein ernüchterndes Fazit, das mit der üblichen, von der kommunistischen<br />

Geschichtsschreibung selbst genährten Auffassung, die Kommunisten hätten in der Rätediktatur<br />

tatsächlich die vollständige Macht errungen, nicht in Einklang steht. Den Kommunisten gelingt es<br />

zwar, ein Klima der Einschüchterung und des Terrors zu verbreiten, und, durchaus mit weitgehender<br />

sozialdemokratischer Zustimmung, die Verstaatlichung großer Teile der Wirtschaft umzusetzen, doch<br />

all diese Maßnahmen erwiesen sich mehr als Progr<strong>am</strong>m des Notstands, in dem das Land sich binnen<br />

kurzer Zeit befand. Die ungarische Rätediktatur war, jedenfalls bis Ende Juni, weit davon entfernt,<br />

durch die Kommunisten tatsächlich kontrolliert zu werden. Auf dem ersten Parteikongress, der <strong>am</strong><br />

12. Juni 1918 begann, konnten sie sich in den zentralen Fragen, insbesondere der N<strong>am</strong>ensgebung<br />

der Partei, keineswegs durchsetzen. Führende Sozialdemokraten schienen auf Zeit zu spielen,<br />

abzuwarten, wie sich die allgemeine Lage entwickeln würde, und dabei die entscheidenden<br />

Positionen in den Betrieben und in der bürokratischen Verwaltung der Wirtschaft zu halten. Die<br />

entscheidende Frage schien ohnehin nicht in Ungarn selbst beantwortet zu werden. Würde es den<br />

sowjetischen Armeen gelingen, über Russland und der Ukraine hinaus auch in Polen, der Slowakei<br />

und in Rumänien zu einem ausschlaggebenden Faktor zu werden?<br />

Béla Kun aber war zugleich entschlossen, nicht nur in der Frage der Vereinigung mit den<br />

Sozialdemokraten einen anderen Weg einzuschlagen, als die Bolschewisten in Moskau.<br />

Franz Borkenau betont, dass Kun seine russischen Erfahrungen in ihr Gegenteil verkehrte. Anders als<br />

Lenin hielt er dogmatisch an der Nationalisierung und Kollektivierung der Landwirtschaft fest, und<br />

verspielte d<strong>am</strong>it jede Chance, die Landbevölkerung dauerhaft auf die Seite der „Räterepublik“ zu<br />

ziehen. Und er schlug die Chance zu einem Frieden mit den Alliierten aus, instinktiv spürend, dass die<br />

nationale Karte die wichtigste werden könnte, die er noch spielen konnte. So wehrte Kun Anfang<br />

April das Angebot der Alliierten ab, die Forderungen von Vix weitgehend zurückzunehmen und<br />

d<strong>am</strong>it die Grenzen gegenüber Rumänien im wesentlichen auf dem Stand von November 1918 zu<br />

belassen.<br />

Die Alliierten schienen über das Resultat ihres durch Vix verkündeten Ultimatums durchaus<br />

erschreckt gewesen zu sein, zumal den Engländern Frankreichs Forderungen nicht erst hier zu weit<br />

gegangen waren. Kun jedoch interpretierte das schon wenige Tage später von General Smut<br />

291

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!