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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Manifestation „von etwas, das hinter der vergänglichen Verwandlung ewig ‘ontos on’ ist“ 51 und das<br />

der machtvolle Blick des „Künstlers“, also des zum Bewusstsein gelangten Menschen, Gestalt<br />

werden lässt. „Die Natur muss entdeckt werden, und alles ohne Unterschied in ihr ist schön, was der<br />

Künstler kraftvoll angeschaut hat.“ 52 Der Blick ist es, der „durch die Phänomene hindurch, wie durch<br />

ein opakes Bild“ das Leben an sich „durchschimmern“ 53 lässt. Und Balázs benennt diesen Vorgang<br />

wie folgt: „[D]a projiziere ich entweder mein mitgebrachtes Bild vom Künstler auf sie [die Natur],<br />

oder ich selbst bin Künstler.“ 54<br />

In dem wir also uns selbst in der Kunst als Quelle einer Projektion erfahren, indem wir „die Natur als<br />

eine traumhafte, vergängliche, symbolische Erscheinung empfinde[n]“ 55 , nehmen wir uns selbst nicht<br />

nur als allmächtiges Subjekt wahr, sondern „als ewig“ 56 , befreit von der Gebundenheit in die Zeit.<br />

Indem wir an der Grenze des Seins in der Todesahnung den Halt verlieren, erlangen wir die<br />

Schwerelosigkeit einer unsterblichen Existenz, die sich ablöst von allem Ephemeren des Lebens. „Es<br />

ist, wie wenn er sein eigenes Leben erblicken würde, abgerundet, ganz wie eine schöne Wolke in der<br />

Ferne [...] sich entfernend.“ 57<br />

Aber nicht nur der Tod umschließt das Sein und macht es spürbar, auch das „Unfassbare, seiner<br />

Natur nach Unfassbare, der Widerspruch, das Problem. [...] In der Tragödie, wo unsere sichersten<br />

Gefühle und Gedanken einander zwangsläufig widersprechen, auch da schließt sich ein Kreis, da<br />

besitzt unser Sein Form ebenso wie im Tod. Auch das ist Tod, auch ein Ende unserer Welt.“ 58 Wo<br />

jede Entscheidung unmöglich erscheint, „wo jeder Recht hat, wo der Held sich zwischen den Rädern<br />

zweier Welten verfängt, da ist ein Ende unseres Seins. [...] wo jene die sich lieben, sich<br />

51 Ebd., S. 290.<br />

52 Ebd., S. 291<br />

53 Ebd., S. 291<br />

54 Ebd. Georg Simmels Aufsatz über die „Philosophie der Landschaft“ erscheint 1913 in der Zeitschrift Die<br />

Güldenk<strong>am</strong>mer und endet mit einer Charakterisierung der künstlerischen Verschmelzung von Anschauung und<br />

Empfindung: „Gerade wo uns, wie der Landschaft gegenüber, die Einheit des natürlichen Daseins in sich<br />

einzuweben strebt, erweist sich die Zerreißung in ein schauendes und ein fühlendes Ich als doppelt irrig. Als<br />

ganze Menschen stehen wir vor der Landschaft, der natürlichen wie der kunstgewordenen, und der Akt, der sie<br />

für uns schafft, ist unmittelbar ein schauender und ein fühlender [...]. Der Künstler ist nur derjenige, der diesen<br />

formenden Akt des Anschauens und Fühlens mit solcher Reinheit und Kraft vollzieht, daß er den gegebenen<br />

Naturstoff völlig in sich einsaugt und diesen wie von sich aus neu schafft [...].“ (Georg Simmel, „Philosophie der<br />

Landschaft“ [1913], in: Georg Simmel, Das Individuum und die Freiheit. Berlin: Wagenbach, 1984, S. 138)<br />

55 Balázs, „Halálesztétika“, S. 309.<br />

56 Ebd.<br />

57 Ebd.<br />

58 Ebd., S. 311.<br />

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