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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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[...] Wenn Erlösung den Untergang des zu Erlösenden fordert, ist sie Mord.“ 50 Ihre Welt ist nicht die<br />

religiöse Moral, nicht der Glaube, der opfert, sondern die Welt der Magie. Und sie erhält Zuspruch<br />

aus dem Kreis, insbesondere von György/Balázs: „‘Ich glaube mit Liso’, fiel György ein, ‘die Magie<br />

bleibt bestehen.’“ 51 Doch Liso triumphiert nicht. Wie eine „Botschaft aus der Ferne“ 52 kommt ihr ein<br />

Gedanke, den sie äußern muss, „wie ein Traumbuch“ 53 : Von der Aufklärung nicht wirklich besiegt,<br />

wird die Magie weiterleben, doch nicht die weiße Magie, wird es sein, die zuerst aufersteht, die<br />

„schwarze Magie wird ihr vorauseilen und wird zur Macht kommen. Sie wird über uns hereinbrechen<br />

und Leid bringen.“ 54<br />

Ob Anna Lesznai wirklich schon vor der Rätediktatur und ihrem katastrophalen Ende solche<br />

Ahnungen beschlichen hatte? Der Sonntagskreis blieb für alle Teilnehmer ein Vorbereitungsstadium<br />

für etwas Unbekanntes, Zukünftiges, ein Zufluchtsort für Gedanken, die noch nicht reif waren für die<br />

Tat, eine Insel inmitten der Zerstörung und ein Ritual der Initiation. Von der Revolution ist bei Balázs<br />

noch 1916 mit Distanz die Rede. „Würde ich an einer Revolution teilnehmen?“ 55 Die Antwort ist<br />

Nein. Aber „an der Revolution der Seele würde ich teilnehmen“ 56 und dann fragt er sich doch, ob es<br />

nicht einen Situationszwang gebe, eine Situation der Entscheidung, die ihn auf der Barrikade<br />

„erwischen“ könnte: „[D]ann würde ich nicht mehr weglaufen.“ 57<br />

„Noch etwas muss getan werden“, notiert Balázs sechs Wochen später beiläufig und großartig<br />

zugleich: „Ich muss eine moralische Aristokratie um mich s<strong>am</strong>meln und organisieren. Ein Niveau des<br />

intransingenten Hochmuts, die Exklusivität der moralischen Empfinds<strong>am</strong>keit muss innerhalb eines<br />

kleinen Lagers erreicht werden, so dass daraus eine Parole, ein Progr<strong>am</strong>m entsteht. Die moralische<br />

Revolution vorbereiten, die viel notwendiger ist als alle soziale Revolution. Ich glaube es ist ein<br />

großes Datum in meinem Leben - der 7. Mai 1916.“ 58<br />

50 Ebd.<br />

51 Ebd.<br />

52 Ebd.<br />

53 Ebd., S. 611.<br />

54 Ebd., S. 610f.<br />

55 Balázs, Napló 1914-1922, S. 149. Eintrag vom 24.3.1916.<br />

56 Ebd.<br />

57 Ebd.<br />

58 Ebd., S. 167.<br />

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