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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Angehöriger auch Balázs sich selbst immer stärker empfindet, und die im Herbst 1915 im<br />

Budapester Sonntagskreis zus<strong>am</strong>menfand.<br />

Der Kreis konstituierte sich zunächst völlig informell, weit entfernt davon, eine Partei oder Sekte zu<br />

sein, als Lukács zum Hilfsdienst nach Budapest 10 zurückkehren musste und d<strong>am</strong>it die Arbeit an der<br />

Heidelberger Ästhetik unterbrach.<br />

Während „Balázs und seine zwei Frauen“ 11 die Gastgeber des Kreises spielten, übernahm Georg<br />

Lukács, jedenfalls in den Monaten, in denen sein Militärdienst ihn 1915/16 aus Heidelberg nach<br />

Budapest zurückholte (und auch während seiner späteren Budapest-Aufenthalte 1917/18),<br />

unausgesprochen, aber für alle evident die intellektuelle Führung. Zu dem Kreis gehörten neben<br />

Lukács und Balázs, Edith Hajós und Anna Schl<strong>am</strong>adinger unter anderem auch der spätere<br />

Kunstsoziologe Arnold Hauser 12 und der Wissenssoziologe Karl Mannheim 13 , die Psychologin Julia<br />

Láng 14 , die Künstlerin Anna Lésznai und der Philosoph und Kunsthistoriker Lajos Fülep, mit dem<br />

Lukács schon den Versuch der Zeitschrift A Szellem unternommen hatte, die Schriftstellerin Emma<br />

Ritoók, der Philosoph Béla Fogarasi 15 und der Kunsthistoriker Frigyes Antal 16 , der Psychoanalytiker<br />

René Spitz, später auch Edit Gyömröi 17 , Károly Tolnay 18 und László Radványi 19 , Tibor Gergely 20<br />

10 Lukács hatte mit einem Attest von Karl Jaspers, der d<strong>am</strong>als in Heidelberg als Psychiater praktizierte, zunächst<br />

seine Einberufung vermeiden können, wurde aber 1915 zum Hilfsdienst nach Budapest (bei der Briefzensur)<br />

kommandiert, von dem er sich erst 1916 durch f<strong>am</strong>iliäre Beziehungen befreien konnte.<br />

11 So Anna Lésznai, „Erinnerungen“, in: Éva Karádi und Erzsébet Vezér (Hg.), Georg Lukács, Karl Mannheim und<br />

der Sonntagskreis. <strong>Frankfurt</strong> <strong>am</strong> <strong>Main</strong>: Sendler, 1985, S. 94.<br />

12<br />

Arnold Hauser (1892-1978), begann seine publizistische Laufbahn als Journalist beim Temesvári Hirlap<br />

[Temesvarer Nachrichten] in Transsylvanien, k<strong>am</strong> während seines Studiums in Budapest zum Sonntagskreis und<br />

promovierte 1918 über Probleme der ästhetischen Systematisierung. Während der Rätediktatur Mitarbeit im<br />

Volkskommissariat für Unterrichtswesen, 1919 Emigration nach Wien, 1938 nach London. Ab 1951 Professor für<br />

Kunstgeschichte in Leeds, 1977 Rückkehr nach Budapest. Seine Philosophie der Kunstgeschichte und seine<br />

Soziologie der Kunst gehören zu den bedeutendsten Werken einer undogmatischen, kritisch-marxistischen<br />

Ästhethik.<br />

13<br />

Karl Mannheim (1893-1947), studierte in Budapest und Berlin, promovierte 1918 über Strukturanalyse der<br />

Erkenntnistheorie. Während der Rätediktatur zum Professor ernannt, emigrierte er 1919 nach Deutschland. 1926<br />

Privatdozent in Heidelberg, 1930 Professur für Soziologie in <strong>Frankfurt</strong> <strong>am</strong> <strong>Main</strong>, 1933 Emigration nach London,<br />

dort Professor an der London School of Economics. Sein Buch Ideologie und Utopie gehört zu den wichtigsten<br />

Werken der Wissenssoziologie.<br />

14<br />

Julia Láng (1893-1955), studierte in Budapest, wo sie Karl Mannheim kennenlernte, den sie in der Emigration<br />

heiratete. Nach Mannheims Tod als Psychoanalytikerin tätig.<br />

15<br />

Béla Fogarasi (1891-1959), in der Rätediktatur führender Kulturfunktionär, 1919 emigriert, 1930-1934 Professur in<br />

der Sowjetunion, seit 1945 Professur für Philosophie in Budapest.<br />

16 Frigyes (Friedrich) Antal (1887-1954), studierte in Wien, promovierte 1914 über „Klassizismus, Romantik und<br />

Realismus in der französischen Malerei“, Kustos <strong>am</strong> Museum der Bildenden Künste in Budapest, nach der<br />

Rätediktatur 1919 Emigration nach Wien, später nach Berlin und London, verfasste unter anderem Bücher über<br />

florentinische Malerei und Hogarth.<br />

17 Edit Gyömröi (1896-1987), Schriftstellerin und Psychoanalytikerin, Freundin von Anna Lesznai, während der<br />

Rätediktatur im Volkskommissariat für Unterrichtswesen tätig, Emigration nach Wien und Berlin, Ausbildung als<br />

Psychoanalytikerin, 1938 Emigration nach Ceylon, ab 1956 in London.<br />

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