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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Wie schon in seinem Blaubart verlegt Balázs auch in diesem Märchen den Schauplatz eines inneren<br />

Dr<strong>am</strong>as in eine symbolistisch distanzierte Märchenwelt, in der Menschen, Tiere und Dinge<br />

miteinander kommunizieren. Der Held verliert seine „männliche“ Sicherheit, wird hilflos, schwach und<br />

eins<strong>am</strong>, löst alle Bindungen und nimmt tierhafte Züge an. Alle Spannung in den Figuren wird in ihre<br />

äußere Handlungsweise verlegt, als Bewegung durch den Raum komponiert. Dreifach ist diese<br />

Initiationsreise des Helden gegliedert, dreifach die Prüfung, die er bestehen muss, wie auch die Frau,<br />

zu der er „heimkehren“ will, sich in drei Gestalten auffächert, deren letzte erst die „Treulosigkeit“<br />

zwischen dem Helden und dem „Anderen“ seines Begehrens aufzuheben imstande ist. 115<br />

Vollkommene Schönheit ist, wie Max Lüthi gezeigt hat, in den Märchen kein leerer Superlativ,<br />

sondern ein traumhafter Verfremdungseffekt, der den Figuren eine kristalline Unnahbarkeit verleiht.<br />

Alles ist transparent, gläsern, fragil und glatt. Gold, Silber, und Di<strong>am</strong>anten, Elfenbein, der weiße<br />

Mond und blaue Kristalle geben dem Märchen „Farbe“, oder genauer: ein bleiches, durchscheinend-<br />

glänzendes Kolorit. Kristallin ist der Palast der Prinzessinnen, zu dem der Held aufbricht, flüchtig und<br />

zerbrechlich wie Glas ist sein Spiegelbild im Wasser, in klirrende Scherben zerfällt sein Seelengefäß,<br />

wenn der Gott Ganesha ihm die Blume der Seele aus der Brust reißt. Der Held bewegt sich<br />

schwerelos schwebend durch eine Welt, ja wird selbst Bestandteil dieses Kosmos flächiger,<br />

schimmernder Kulissen, durch die man hindurch sehen kann, die zerbrechen und wieder<br />

zus<strong>am</strong>menwachsen können, aus denen Fleisch geschnitten werden kann wie aus Papier, in denen<br />

alles seine Form verändern und nichts endgültig zerstört werden kann: „Eine Welt aus reiner<br />

Oberfläche“, wie Georg Lukács 1911 schon über das Kino geurteilt hatte. Ereignisse treten<br />

unterschiedslos neben Erinnerungen, Träume neben Realität, verwirrend ineinander und übereinander<br />

sich legend. „Und als er nochmals in den Teich blickte, sah er darin das Spiegelbild seines<br />

Spiegelbildes strahlen in schwereloser Reinheit gleich dem Traum eines Traumes im Traume.“ 116<br />

115 Die Dreizahl im Titel des Märchens wird im Text selbst gebrochen. Neben der Königin Balapandita treten im<br />

Grunde nur zwei „Prinzessinnen“, K<strong>am</strong><strong>am</strong>ila und Anangaraga, auf. In der Heimkehr des Helden jedoch<br />

verschmelzen alle drei und sind eins.<br />

116 Balázs, Sieben Märchen, S. 46.<br />

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