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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Reihe bilden. Rote kantige Ziegelsteine liegen in der Sonnenwärme. Beim Anfassen der warmen<br />

Steine bekommt er rote Finger. Ein Tagelöhner schreit ihn an und er errötet. Und er weiß, „etwas<br />

anderes müßte getan werden“. 294 Die Dinge rücken immer näher, blinde Häuser, fuchtelnde Bäume,<br />

Telegraphendrähte und der Mond. Sie drängen sich um ihn wie eine Menge, mit „offenen<br />

Riesenmäulern“ 295 , scheinen zu schreien, aber er versteht nichts. „Die Dinge drängen sich hart an ihn,<br />

sind da. Es ereignet sich, daß sie sind. Es ist wie eine Behauptung, wie ein Ausruf. [...] Er rennt<br />

davon, rennt hallende dunkle Straßen entlang. Vielleicht kann er noch etwas einholen? [...] Alles ist<br />

schon da, die Dinge, die ganze Welt ist bereits da. Sie ist bereit, und wir kommen zu spät.“ 296<br />

Johannes Szegedi, der Initiand, entzieht sich der Bedrohung durch Flucht, verteidigt seine<br />

Körpergrenzen, die in Gefahr geraten, überwältigt und aufgelöst zu werden.<br />

Ein anderes Mal gerät der Initiand nachts in den Wald, wird von den dunklen Bäumen verschluckt.<br />

Der Riesenleib des Waldes, mit Ästen wie „zuckende Gedärme“ 297 , saugt ihn auf. Vom Wege<br />

abgekommen, ins „massive Dunkel“ 298 geraten, betäuben ihn die Gärungsgase des Herbstlaubes.<br />

„Ätzender, nasser, welker Laubgeruch quoll aus dem Boden [...] und ich überließ mich der Tiefe.“ 299<br />

Szegedi übergibt sich, wirft etwas aus sich heraus, „das frei war, das wollte, das verantwortlich war<br />

und weh tat“. 300 Er lässt sich fallen, verliert das Bewusstsein. „Und ich fühlte, wie mein Leib sich<br />

verwob in ein Größeres. Ich fühlte schon atmendes Laub in meinen Poren. Es war ein auflösendes,<br />

auslöschendes Versinken in den Strom einer großen magnetischen Kraft.“ 301 Erst zwei Tage später<br />

gewinnt er das Bewusstsein zurück. Wie durch einen Schleier sieht er seine Mutter an seinem Bett<br />

und einen Freund, den er den „großen Büffel“ nennt. Nun hat Szegedi sich auf die Verschmelzungs-<br />

und d<strong>am</strong>it auf eine Todesphantasie eingelassen, aus der ihn seine Mutter und sein einem<br />

Medizinmann anverwandelter Freund befreien.<br />

Doch nicht nur Szegedi durchlebt im Verlauf des Romans solche Initiationserlebnisse. Auch die in<br />

den Dichter Béla Barna-Sternberg verliebte Sängerin Ilona, eine Schwester von Szegedis<br />

Jugendschwarm Andrea Pittoni, gerät in den Wald und besteigt in einer Mondnacht einen Alpengipfel<br />

294<br />

Ebd., S. 56.<br />

295<br />

Ebd.<br />

296<br />

Ebd.<br />

297<br />

Ebd., S. 91.<br />

298<br />

Ebd.<br />

299<br />

Ebd.<br />

300<br />

Ebd., S. 92.<br />

224

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