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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Meister seines Handelns ist und kaum Trennung zwischen sich und der Umwelt, zwischen Stimulus<br />

und Reaktion, oder zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verspürt.“ 262 Neben diesem<br />

„Verschmelzen von Handlung und Bewußtsein“ 263 , das jede dualistische Perspektive aufhebe,<br />

komme es zu einer Einengung der Wahrnehmung, einer „Zentrierung der Aufmerks<strong>am</strong>keit auf ein<br />

beschränktes Stimulusfeld“. 264 Die Einheit von Bewusstsein und Handlung führe zugleich<br />

notwendigerweise zu einer „Selbstvergessenheit“ 265 , einem Verlust jenes „Selbst-Konstrukt[s]“, der<br />

„vermittelnde[n] Größe, welche wir zwischen Stimulus und Reaktion einzuschieben lernen“. 266<br />

Beides, Selbstvergessenheit und Einheit mit der Umwelt, interpretiert auch Csikszentmihaly als<br />

Allmachtsgefühl, als das „ozeanische Gefühl des höchsten Genügens der Gegenwart“. 267<br />

Für Ferenc Fehér sind auch Balázs’ und Lukács’ Gestalten Prototypen des Übergangs, schwebend<br />

und unterwegs, ohne zu wissen, wohin. Doch ihre Gegenwart ist die Gegenwart der Zukunft, ein<br />

immerwährendes „noch nicht dasein“, kein „Genügen der Gegenwart“, aber auch kein „Genügen der<br />

Zukunft“, denn die ist unbekannt.<br />

„Was Lukács später, bereits als Marxist, über Dostojewski schreibt, daß nämlich seine Helden stets<br />

in einem Übergangszustand sind (er bedient sich des Vergleichs mit der Eisenbahnstation), gilt<br />

ebenso für sämtliche wichtige Helden von Balázs. Der Maler und die ‘Prinzessin’ der Erzählung von<br />

der Logogy-Straße, die Normannenritter des Bluts der heiligen Jungfrau, Ágnes Dobay und Dr.<br />

Margit Szélpál, Ernö Szegedi und Klára 268 sind ständig unterwegs, genauer, sie rüsten sich für den<br />

Weg, und das eigentliche Reiseziel ist meist recht unklar (manchmal sogar vollends, wie im Fall der<br />

Märchenfiguren in der Fee).“ 269<br />

Dass es bei Balázs „keine ‘Heimkehr’ gibt, daß der Prozeß ein unendlicher ist“ 270 , wie Fehér darüber<br />

hinausgehend konstatiert, verweist freilich nur auf die Unstillbarkeit der Sehnsucht nach eben jener<br />

„Heimkehr“, die Balázs immer wieder artikuliert. Das Wandererschicksal, das Balázs sich zuschreibt,<br />

bleibt immer ein Bild des Suchens, in das die Utopie einer Rückkehr zu sich selbst eingeschlossen<br />

bleibt.<br />

262<br />

Ebd., S. 59.<br />

263<br />

Ebd., S. 61.<br />

264<br />

Ebd., S. 64.<br />

265<br />

Ebd., S. 66.<br />

266<br />

Ebd., S. 67.<br />

267<br />

Ebd., S. 124. Csikszentmihaly zitiert hier einen Aufsatz über das Bergsteigen von D. Robinson, „The Climber as<br />

Visionary“, in: Ascent, H. 9 (1969), S. 6.<br />

268<br />

Letztere sind die Hauptfiguren von Balázs’ Romans Unmögliche Menschen, von dem noch die Rede sein wird.<br />

269<br />

Fehér, „Das Bündnis von Georg Lukács und Béla Balázs bis zur ungarischen Revolution 1918“, S. 150.<br />

218

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