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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Kontrastes ergeben die Formeln der sympathetischen Magie folgendes Bild: „Kontiguität, Ähnlichkeit<br />

und Kontrast bedeuten im Denken und in der Wirklichkeit soviel wie Simultaneität, Identität und<br />

Gegensatz.“ 218<br />

D<strong>am</strong>it sind freilich nicht nur die Grundfiguren des magischen Denkens und rituellen Handelns benannt<br />

- der Manipulationen von Lebewesen und Dingen mit dem Ziel der Wirkung auf andere und zur<br />

unmittelbaren Realisierung von Wünschen in kollektiv sanktionierter Praxis -, sondern auch die<br />

elementaren Phänomene symbolischer Formen. Der Begriff des mana und d<strong>am</strong>it der „Nachweis,<br />

daß die Magie aus affektiven sozialen Zuständen hervorgegangen ist“ 219 verweist, so Claude Lévi-<br />

Strauss, auf die Ursprünge der Sprache, auf die Geschichte jedes Symbolismus: das mana als reine<br />

Potentialität von Bedeutung, als Möglichkeit, alle Eigenschaften annehmen, alles miteinander in<br />

Beziehung setzen zu können. „Kraft und Tätigkeit; Qualität und Zustand; Substantiv, Adjektiv und<br />

Verb in einem; abstrakt und konkret; allgegenwärtig und lokalisiert. Tatsächlich ist das mana all dies<br />

zugleich - doch ist es das nicht gerade deswegen, weil es nichts von all dem ist: bloße Form oder<br />

genauer Symbol im Reinzustand und deswegen in der Lage, einen wie immer gearteten symbolischen<br />

Inhalt aufzunehmen.“ 220<br />

Es liegt nahe, den beiden zentralen magisch-rituellen Operationen, dem Gesetz der Ähnlichkeit und<br />

der Kontiguität, die grundlegenden symbolischen Operationen der Metapher und der Metonymie<br />

zuzuordnen. 221 Van Gennep vereinfachte, ohne es zu wissen ganz in diesem Sinne, das Schema der<br />

sympathetischen Magie, indem er die Gesetze der Ähnlichkeit und des Kontrastes unter diesem<br />

Begriff zus<strong>am</strong>menfasste und dem der kontaguösen Magie entgegensetzte, also die metaphorischen<br />

und metonymischen Operationen polarisierte.<br />

Vor allem aber trieb Van Gennep die von ihm so benannte „dyn<strong>am</strong>istische“ Theorie des Rituals in<br />

eine andere Richtung, über die bis dahin herrschende „animistische“ Interpretation hinaus. Indem er<br />

eine Klassifikation von „Abfolgestrukturen“ 222 ritueller Handlungen in verschiedenen Kulturen<br />

systematisch miteinander verglich, setzte er sich bewußt von einer anthropologischen<br />

Ketten“ (ebd.) bilden können. Das Phänomen der Ähnlichkeit, der „mimetischen Phantasie“ (S. 101) umfasst<br />

sowohl die Wirkung des Ähnlichen auf das Ähnliche (similia similibus curantur), als auch die Hervorrufung des<br />

Ähnlichen durch das Ähnliche (similia similibus evocantur).<br />

218 Ebd., S. 97.<br />

219 Ebd., S. 169.<br />

220 Claude Lévi-Strauss, „Einleitung in das Werk von Marcel Mauss“, in: Marcel Mauss, Soziologie und<br />

Anthropologie, München: Hanser, 1974, S. 40.<br />

221 Von Roman Jakobson über Jacques Lacan bis zu Christian Metz entfaltete diese Möglichkeit ihre Wirkungen<br />

auf so unterschiedliche Disziplinen wie die Linguistik, die Psychoanalyse und die Semiotik des Films.<br />

210

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