12.12.2012 Aufrufe

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

zuvor (zus<strong>am</strong>men mit Henri Hubert) mit seinem Entwurf einer allgemeinen Theorie der Magie 211<br />

eingeschlagen hatte, nämlich der Gegenüberstellung von Religion und Magie als deutlich zu<br />

unterscheidender kollektiver Phänomene.<br />

An die Klassifizierungsversuche magischer Riten durch Edward Bernett Tylor 212 und J<strong>am</strong>es George<br />

Frazer 213 anschließend, hatten Mauss und Hubert die Mechanismen des magischen Denkens in der<br />

Figur des mana fokussiert, die sie in den unterschiedlichsten Kulturen aufspürten und als Substrat<br />

des Sozialen, als „Gegenstand eines sozialen Einverständnisses, Übersetzung eines sozialen<br />

Bedürfnisses“ interpretierten: „Die Idee des mana nun war, wie wir sehr genau gesehen haben, ganz<br />

und gar, in ihrem Stoff und ihrer Form, kollektiv; [...] die Empfindung der bloßen Existenz der<br />

Gesellschaft und ihrer Vorurteile.“ 214 Und sie lösten sich d<strong>am</strong>it, wie zur gleichen Zeit auch Van<br />

Gennep, von der bis dahin „üblichen animistischen Hypothese, in dem wir den Begriff spiritueller<br />

Kraft zumindest in der Magie für früher als den der Seele halten“ 215 , also von jener Vorstellung von<br />

einem lebendigen Wesenskern, der den Lebewesen und Dingen gleichermaßen innewohnen und<br />

durch magische Praxis beeinflusst werden könne. Van Gennep sah in dieser „dyn<strong>am</strong>istischen“<br />

Interpretation freilich nur eine komplementäre Theorie, die auch Riten, „die auf der Vorstellung von<br />

einer unpersönlichen Kraft“ 216 basierten, in sein Klassifizierungschema ritualer Handlungen zu<br />

integrieren halfen, ohne die weitreichenden und für die strukturale Ethnologie fruchtbaren<br />

Schlussfolgerungen zu teilen.<br />

Mauss und Hubert hielten an den von Tylor und insbesondere von Frazer aufgestellten<br />

Klassifizierungen der magischen Handlungen durchaus fest, den beiden Gesetzen „der Sympathie,<br />

das Gesetz der Ähnlichkeit und das Gesetz der Kontiguität [...]: ‘Ähnliches erzeugt Ähnliches; die<br />

Dinge, die miteinander in Berührung gestanden, aber aufgehört haben es zu tun, fahren fort<br />

aufeinander zu wirken, so als bestünde die Berührung fort.’“ 217 Komplettiert durch das Gesetz des<br />

211<br />

Marcel Mauss (zus<strong>am</strong>men mit Henri Hubert), Entwurf einer allgemeinen Theorie der Magie (1902-1903), in:<br />

ders., Soziologie und Anthropologie Band 1. München: Hanser, 1974.<br />

212<br />

Edward Bernett Tylor, Primitive Culture. Researches into the Development of Mythology. Philosophy,<br />

Religion, Art, and Custom. 2 Bände. London: Murray, 1913 [1871] [dt.: Die Anfänge der Kultur. Untersuchungen<br />

über die Entwicklung der Mythologie, Philosophie, Religion, Kunst und Sitte. 2 Bände. Leipzig 1873.]<br />

213<br />

J<strong>am</strong>es George Frazer, The Golden Bough. 2. Aufl., 3 Bände. London: Macmillan, 1900 [dt.: Der goldene Zweig.<br />

Eine Studie über Magie und Religion. Köln/Berlin: Kiepenheuer & Witsch, 1968].<br />

214<br />

Mauss, Entwurf einer allgemeinen Theorie der Magie, S. 158.<br />

215<br />

Ebd., S. 139.<br />

216<br />

Van Gennep, Übergangsriten, S. 18 (Fußnote).<br />

217<br />

Mauss, Entwurf einer allgemeinen Theorie der Magie, S. 46. Das Phänomen der Kontiguität umfasst die<br />

unterschiedlichsten Formen der „imaginären Ansteckung“ (S. 99): Varianten der Figur des „pars pro toto“ (Der<br />

Teil gilt für das Ganze) auf der einen, und der körperlichen Berührung auf der anderen Seite, die „sympathetische<br />

209

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!