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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Erfahrungen gar nicht aufnehmen können und d<strong>am</strong>it auch keine Erkenntnis von Kausalität möglich<br />

sein.<br />

So setzt das magische Denken, die „Allmacht der Gedanken“, darauf, dass Wirkungen unmittelbar<br />

von Bildern auf Bilder, von Objekten auf Objekte übergehen können, dass eine Kraft einen<br />

Gegenstand verlassen und einen anderen, ihm verwandten, beleben, dass schließlich auch das Bild<br />

eines Gegenstandes oder Wesens, sein Double, seine Reinkarnation bedeuten kann.<br />

D<strong>am</strong>it beruht die Magie auf der Vorstellung der Wiedergeburt und der Met<strong>am</strong>orphose. Und wie<br />

Edgar Morin schreibt: „Wie das Überleben des Doubles ist die Wiedergeburt ein allgemeines<br />

Kennzeichen des archaischen Bewußtseins. Sie ist auch ein allgemeines Kennzeichen des<br />

Traumbewußtseins, des poetischen Bewußtseins, des kindlichen Bewußtseins. [...]: sie ist eine<br />

beständige Bewegung, der Tod befruchtet das Leben, der Mensch befruchtet die Natur durch seinen<br />

Tod (Opfer) und legt die verschiedenen Stufen seines Daseins mit Hilfe jener echten Wiedergeburten<br />

zurück, die Initiationen genannt werden.“ 208<br />

In seiner wegweisenden Arbeit über die „rites de passage“ hatte Arnold van Gennep 1909 die<br />

Grenzen d<strong>am</strong>als vorherrschender evolutionistischer und historistischer Modelle ethnographischer<br />

Forschung in der Analyse ritueller und „zeremonieller Sequenzen“ 209 entschieden überschritten und<br />

sich gegen eine Sicht gewandt, die magisches Denken und Rituale nur als „Vorzeit“ der Zivilisation<br />

gelten ließ. Van Genneps Buch, das vor allem auf Literaturstudien und nicht auf Feldforschung<br />

basierte, wurde nach seinem Erscheinen zunächst heftig zurückgewiesen und in seinem hohen<br />

analytischen Wert erst spät erkannt. 210<br />

Parallel zu den Arbeiten von Marcel Mauss, aber in eine andere Richtung zielend, versuchte Van<br />

Gennep rituelle Praxis als Funktion des Sozialen zu analysieren. Seine Definition des Verhältnisses<br />

von Religion und Magie (als „Theorien“ und deren „Techniken“) gehören dabei zu den Aspekten<br />

seines Werkes, die sich als weniger fruchtbar erwiesen als die Richtung, die Marcel Mauss kurz<br />

207<br />

So wie bis heute das im Umlauf befindliche Papiergeld durch eine wenigstens symbolische Goldreserve<br />

„gedeckt“ sein muss.<br />

208<br />

Morin, Der Mensch und das Kino, S. 85.<br />

209<br />

Arnold van Gennep, Übergangsriten (Les rites de passage). <strong>Frankfurt</strong> <strong>am</strong> <strong>Main</strong>/New York: C<strong>am</strong>pus, 1986, S.<br />

21.<br />

210<br />

Zur Wirkungsgeschichte Van Genneps siehe insbesondere das instruktive Nachwort der deutschen Ausgabe<br />

von Sylvia M. Schomburg-Scherff.<br />

208

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