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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Konsequenzen aus dem zu ziehen habe, was er geschrieben hat: „Ich habe den Heroismus gemocht.<br />

Ich sagte, dass jene humane Parole, die da besagt, das Menschenleben sei das höchste Gut, eine<br />

flache und jeden Wert negierende Torheit ist. Es ist nicht wahr. Das menschliche Leben an sich hat<br />

überhaupt keinen Wert, ist nur womöglich eine Gelegenheit, Werte zu produzieren und das Sterben<br />

ist ein Akt des Lebens, welcher unter Umständen den größten Wert produziert.“ 11 Er spricht wie<br />

jemand, der nicht mehr ganz an das glaubt, was er sagt, aber es frivol fände, diesen Beweis nicht der<br />

Realität selbst zu überlassen, und wenn er sich dafür opfern muss.<br />

„Es ist Krieg“, schreibt er <strong>am</strong> 2. August 1914: „[W]ie ist das, das jemand, der dieses Tagebuch<br />

einmal nach langer Zeit lesen wird, darin plötzlich, überraschend liest ‘es ist Krieg’? Wie ist das, dass<br />

hier niemals von Politik die Rede war, nicht von der Gesellschaft um mich, nicht von den Menschen?<br />

Ist es nun Frivolität oder Fatum?“ 12 Der Krieg, der Europa verwüsten wird, braucht in den Augen<br />

Balázs’ keine weitere Legitimation. Es genügt Balázs, dass der Krieg alle Sicherheiten, alle<br />

Strukturen, alle Formen des Bisherigen in Frage stellt. Und so verhält sich Balázs „zum Krieg gerade<br />

während der ersten Wochen in der Form eines ausgesprochen abstoßenden, pantheistisch jubelnden<br />

Rauschs“. 13<br />

Balázs, der 1908 nach vier Wochen aus gesundheitlichen Gründen aus dem Wehrdienst entlassen<br />

worden war, wird zunächst einmal abgewiesen, als er sich freiwillig meldet. „Zwei Tage bin ich<br />

herumgelaufen und war völlig außer mir“, schreibt er <strong>am</strong> 2. August in sein Tagebuch, “ich habe mich<br />

nicht getraut, in die Augen der Menschen zu sehen. Ich, der Athlet, der als Schwindler durch einen<br />

Trick befreit wird.“ 14 Doch er findet schließlich Unterstützung. Ein Bekannter, Major und<br />

einflußreich, verspricht ihn unterzubringen. „Ich gehe als Schütze in ein kriegerisches Abenteuer. [...]<br />

Schon wieder konstatiere ich unglücklich, dass ich Angst habe.“ 15<br />

Es dauert noch bis in den September, bis Balázs endlich in den Krieg darf, als Angehöriger des 54.<br />

Infantrie-Regiments aus Szabadka.<br />

Unter dem Eindruck des nahenden Marschbefehles und in einer seinen Freunden völlig<br />

unverständlichen euphorischen Grundstimmung erhebt Balázs nun auch seine libidinöse<br />

10 Ebd.<br />

11 Ebd., S. 9f.<br />

12 Ebd., S. 5.<br />

13 Fehér, „Das Bündnis von Georg Lukács und Béla Balázs“, S. 167.<br />

14 Balázs, Napló 1914-1922, S. 5.<br />

15 Ebd.<br />

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