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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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möglich, längere Spielfilme zu produzieren, die als „Hauptfilm“ eines von ihnen dominierten<br />

Progr<strong>am</strong>mes präsentiert werden konnten. 66 Diese Entwicklung erreichte 1913 ihren Höhepunkt mit<br />

der Präsentation der ersten „Autorenfilme“, die Anspruch auf eigene künstlerische Qualität erhoben,<br />

wie die Adaption des Bühnenstückes Der Andere von Paul Lindau, Max Reinhardts DIE INSEL DER<br />

SELIGEN oder DER STUDENT VON PRAG von Hanns Heinz Ewers. Parallel dazu eröffneten nun in den<br />

Großstädten auch luxuriös ausgestattete „Kino-Paläste“, nachdem bis etwa 1906 noch das<br />

<strong>am</strong>bulante Kino-Gewerbe, das heißt von Ort zu Ort ziehende Wander-Kinobetreiber, und danach<br />

zunächst einmal die behelfsmäßig in Ladengeschäften oder anderen angemieteten Räumlichkeiten<br />

betriebenen „Kientopps“ der „unteren Volksschichten“ das Bild beherrscht hatten.<br />

Konfrontiert aber waren die „Gebildeten“ 67 mit einem „sprachlosen“ Medium, dessen Wirkung auf<br />

die Massen und auf sie selbst, dessen stumme Faszination ihnen so gewaltig wie geheimnisvoll<br />

erschien. Eine ästhetische Autonomie wurde dem Medium zunächst einmal abgesprochen. Der Preis<br />

dafür „ist hoch: das Kino wird pathologisch. Und d<strong>am</strong>it gewinnt es eine rätselhafte Macht.“ 68 Die<br />

Intelligenz steht einem Phänomen gegenüber, das ihre Rolle in der Gesellschaft nachhaltig erschüttert.<br />

Eine neues Medium erhebt Anspruch darauf, unter die Künste gezählt zu werden, ja die etablierten<br />

Künste selbst zu revolutionieren. Und dies, ohne dass die literarische Intelligenz und die bildende<br />

Kunst, geschweige denn die Kunstwissenschaften darauf in irgendeiner Weise vorbereitet gewesen<br />

wären. Thorsten Lorenz hat die Anfänge der ersten Kino-Debatte vor dem Weltkrieg konsequent<br />

und zuweilen auch etwas einseitig als den Versuch gedeutet, einer Pathologie Herr zu werden, mit<br />

psychatrischen und juridischen, pädagogischen und medizinischen Mitteln das Medium und seine<br />

Rezipienten als Krankheitssymptome der Moderne zu therapieren. Dabei stand diesen Versuchen,<br />

das Kino zu verstehen um die Gefahren des „Kientopp-Fieber“ 69 , der „Kinopest“ 70 eindämmen zu<br />

können, die „Sprachlosigkeit“ des Mediums im Wege - und sollte doch zugleich erhalten bleiben.<br />

Dem Kino wurde die Möglichkeit, eine eigenständige Sprache herauszubilden, zunächst einmal<br />

Veränderungen der ästhetischen Theorie und Praxis unter dem Eindruck des Films 1910-1930 in Deutschland.<br />

Tübingen: Niemeyer, 1985, S. 32)<br />

66<br />

Zu diesem wurden schließlich nur noch ein Vorfilm und eine Wochenschau dazu gegeben.<br />

67<br />

Vgl. Hermann Häfker, Der Kino und die Gebildeten [Lichtbühnen-Bibliothek Nr. 8]. Mönchengladbach:<br />

Volksvereins-Verlag, 1915.<br />

68<br />

Thorsten Lorenz, Wissen ist Medium. Die Philosophie des Kinos. München: Wilhelm Fink, 1988, S. 17.<br />

69<br />

F.R. Zenz, „Filmphantasie“, in: Die Rheinlande, Bd. 24 (1914), S. 179, zitiert nach Lorenz, Wissen ist Medium, S.<br />

45.<br />

70<br />

Erich Oesterheld, „Wie die deutschen Dr<strong>am</strong>atiker Barbaren wurden“, in: Schweinitz, Prolog vor dem Film, S. 262<br />

[zuerst in: Die Aktion, Jg. 3, H. 9, 26.2.1913, Sp. 261-265].<br />

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