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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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vergessenen Dr<strong>am</strong>en Beaumont-Fletschers bis zu Hebbels Genoveva, von Euripides bis zu Goethes<br />

Faust und Lessings Nathan.<br />

Lukács kennzeichnet die Welt dieser Dr<strong>am</strong>en als eine Gegenwelt zu der der Tragödie, jener Welt, in<br />

der das Schicksal in den Helden verwurzelt ist, sie einander notwendig fremd macht und keine<br />

Lösung, d.h. keine Vereinigung zulässt. Die Welt der „Romance“, des „untragischen Dr<strong>am</strong>as“<br />

hingegen ist eine Welt, in der das Wunder möglich ist, das Martyrium Erfüllung bringen kann, in der<br />

die Helden mit dem Schicksal nicht innerlich ringen, sondern mit ihm kämpfen, es zu bezwingen<br />

vermögen, und sei es im Akt des sinnlosen Opfers: Erst da, wo es zwischen den irdischen und<br />

himmlischen Mächten zu einem wahrhaften K<strong>am</strong>pf komme, wo das Göttliche dem Irdischen in<br />

irdischer Form entgegentrete, würde „die Paradoxie des Opfers wirklich sichtbar: es ist eigentlich<br />

etwas bloß vermittelndes, symbolisches, das aber dennoch mit absoluter Hingebung getan werden<br />

muß; es ist vergeblich, aber dennoch ist es das einzige Heil für den Menschen; es ist widermenschlich<br />

und führt gerade dadurch zur wahren Menschlichkeit.“ 7<br />

Lukács setzt den „furchtbare[n] Ernst dieses Opfers“ 8 in dem Aufsatz für Die Schaubühne noch<br />

entschiedener als in seinem Manuskript mit der „allegorischen Form der Mysterienspiele“ 9 in<br />

Zus<strong>am</strong>menhang und schließt mit der paradoxen Forderung nach einem „Mysterium ohne<br />

Theologie“ 10 , dem Aufgehen des Lebens in der Form, in der keine Helden, aber auch keine Weisen<br />

(die Gegenfigur zum tragischen Menschen) mehr nötig seien, in der, anders als in der Tragödie, sich<br />

auch die unüberwindlichen Grenzen der Kasten nicht länger zwischen die Menschen schieben<br />

würden.<br />

Anders als die Tragödie, in der sich in rationaler Zwangsläufigkeit das Schicksal in und zwischen den<br />

Gestalten entfalte 11 , herrscht über die Welt des untragischen Dr<strong>am</strong>as die Irrationalität des Zufalls, der<br />

Auflösung der Grenzen zwischen Transzendenz und Lebensimmanenz, „das direkte Eingreifen der<br />

transzendenten Mächte ins Leben“ 12 , das sich „nur als das Absurde äußern“ 13 kann, die<br />

6 Ebd.<br />

7 Ebd., S. 41.<br />

8 Ebd.<br />

9 Lukács, „Das Problem des untragischen Dr<strong>am</strong>as“, S. 234.<br />

10 Ebd.<br />

11 „Die Tragödie rationalisierte die Leidenschaften, gab ihnen den metaphysischen Sinn des einzigen Wegs zur<br />

Selbstheit“. (Ebd.)<br />

12 Lukács, „Die Ästhetik der ‘Romance’“, S. 22.<br />

13 Ebd.<br />

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