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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Ein Narziss, der die Landstraße als einzige Heimat kennt, ist auch der Anti-Held des dritten Stückes,<br />

das Balázs 1912 in das Mysterien benannte Buch aufnahm: „Die Fee“. 289<br />

Hier spielt die Handlung, „vor hundert Jahren“, in einem Försterhaus in den Bergen. Die Szenerie ist<br />

durchaus realistisch. Ein Moment des Phantastischen spielt lediglich durch die Verzauberung durch<br />

die Vollmondnacht herein, die gerade beginnt. Zwei Schwestern waschen die Wäsche. Viola, die<br />

Frau des Försters, ist schwanger. Fanny, die Jüngere, will gerade fortgehen zu ihrem Liebsten<br />

(passenderweise „Fridolin“ genannt), einem Musiker, der in der Kirche im Ort die Orgel spielt. Die<br />

Abendstimmung hat etwas Erwartungsvolles, Bedrohliches. „Als bräche etwas über uns herein. [...]<br />

Ja, Vollmond wird’s. - So eigen ist die Welt, / Als hätte wo in weiter, weiter Ferne / Ein offnes Tor<br />

zu schliessen man vergessen. / Schau auf zum Himmel. - Ist sein Licht nicht fremd? / Die Wolke<br />

schau! Sahst sie schon so gefärbt? / Ein grosses Tor ist irgendwo geöffnet, / Und hinter ihm strömt<br />

fremdes Licht hervor. / Jetzt spielt ein Etwas irgendwo sich ab. / Ganz weit jetzt ein gewaltiges<br />

Ereignis.“ 290 So spricht Fanny und Viola erzählt, nach den Bergen schauend, versonnen von der Fee<br />

des Bauernmärchen, die zu dieser Stunde umgehen würde. Balázs hat das Stück Anna Lesznai<br />

gewidmet. Und es fällt nicht schwer, Anna Lesznai in der Gestalt der lebensklugen<br />

Märchenerzählerin Viola zu erkennen. Fanny bricht auf, ihrem Fridolin entgegen. Und die Landschaft<br />

spielt mit, Regieanweisungen wie für ein Filmskript: „Ein unheimliches Licht dämmert, wie vor einem<br />

Gewitter. Von den Bergen vernimmt man ein dumpfes Brausen und ein starker Wind jagt durch die<br />

Szene. Melodie.“ 291<br />

Ein Wanderer kommt die Landstraße heran. Es ist Oliver, ein Verwandter und: Fannys früherer<br />

Verehrer. Von ihm und Fanny wissen wir schon, dass ihre Liebe eine „Qual“ war und dass sie ihn<br />

nicht vergessen hat im stillen Glück ihrer neuen Liebe. In Viola regen sich Befürchtungen. Oliver, der<br />

„Vagabund“ lebt in den Tag hinein, der eingerahmt von Träumen sei. „Wer weiter denkt, denkt in<br />

den Traum hinein.“ 292 Und er erzählt von der Straße, von der Sehnsucht, vom „Zaubernetz“ und<br />

„Zauberfischer“. Mit ihm ist „der Wind“ gekommen, den Balázs unter das „Personal“ des Stückes<br />

eingereiht hat, und der nun immer wieder zu hören ist. „Erzähl’ Viola“, sagt Oliver, „Lass heut’ mich<br />

noch im Märchen Ruhe finden, / Der Wind weht morgen früh mich wieder weiter.“ 293 Viola lässt<br />

289 Auch von diesem Text befindet sich eine deutsche Übersetzung unter dem Titel „Fee Ferne“ in Balázs’<br />

Nachlass, aus der im folgenden zitiert wird (MTA Ms 5012/2).<br />

290 Ebd., S. 6.<br />

291 Ebd., S. 10.<br />

292 Ebd., S. 13.<br />

293 Ebd., S. 15.<br />

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