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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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durch eine großzügige Apanage zu sichern. 121 Auch Béla Balázs wurde immer wieder von Lukács<br />

und seinem Vater finanziell unterstützt, wie seinen Briefen und seinem Tagebuch zu entnehmen ist.<br />

Kennengelernt hatten Balázs und Lukács sich 1904 eher flüchtig, als Lukács gemeins<strong>am</strong> mit seinen<br />

d<strong>am</strong>aligen Freunden Marcell Benedek und László Bánóczi, vor allem aber mit Sándor Hevesi, einem<br />

jungen Regisseur des Nationaltheaters, die „Thalia“ gründete, nach dem Vorbild des „Wiener<br />

Akademischen Vereins“ und auch der Berliner „Freien Bühne“. Die Thalia-Gesellschaft sollte, wie<br />

Sándor Hevesi dies bei der Gründungsvers<strong>am</strong>mlung <strong>am</strong> 20.4.1904 zum Ausdruck brachte, solche<br />

Dr<strong>am</strong>en zur Aufführung bringen, „welche im edelsten Sinne des Wortes modern sind, auch wenn sie<br />

zweitausend Jahre alt sein sollten“. 122<br />

1908 erschienen erste Gedichte von Balázs in der Anthologie Holnap (Morgen) 123 , an der sieben<br />

junge Poeten beteiligt waren. Georg Lukács hob Balázs’ Gedichte in seiner Rezension in Huszadik<br />

Század hervor: „In Béla Balázs, so spüre ich, verwandeln sich die fund<strong>am</strong>entalsten und<br />

intellektuellsten Probleme der heutigen Generation in Kunst, erheben sich zu Musik.“ 124 Balázs nahm<br />

dieses Lob allzu wörtlich und er glaubte, in Lukács einen kongenialen Deuter seiner Poesie gefunden<br />

zu haben. Die Buchausgabe seines ersten Dr<strong>am</strong>as Doktor Szélpál Margit schenkte er Lukács mit<br />

einer pathetischen handschriftlichen Widmung: „Für Gyuri - Herbert und für Georg Lukács - Béla<br />

121 Júlia Bendl, deren Biographie Lukács’ für diese Jahre die verlässlichste Quelle darstellt, hält es auch für<br />

durchaus wahrscheinlich, dass Lukács die d<strong>am</strong>aligen Pläne seines Vaters, ihm eine politische Karriere als<br />

Abgeordneter der Tisza-Partei (also der herrschenden Liberalen) zu bahnen, bei weitem nicht so offensiv<br />

abgewehrt hatte, wie Lukács dies selbst später erinnerte. József Lukács, der sich seine Position, die soziale<br />

Stellung und das Vermögen seiner F<strong>am</strong>ilie hart erarbeitet hatte, war seinem hoch begabten Sohn in Liebe und<br />

Verehrung zugetan und Zeit seines Lebens bereit, alles für ihn zu tun. 1909 schrieb er seinem Sohn: „Du sagst es<br />

selbst, daß ich Dir großzügige Freiheit bei Deiner Entwicklung und der Wahl der Entwicklungswege gewähre. Ich<br />

tue das bewußt, weil ich Dir grenzenlos vertraue und Dich unendlich liebe - ich will alle Opfer bringen, um Dich<br />

groß, anerkannt, berühmt werden zu sehen, es wird mein größtes Glück sein, wenn es über mich heißt, ich sei der<br />

Vater von Georg Lukács.“ (József Lukács an Georg Lukács, 23.8.1909, in: Lukács, Briefwechsel, S. 79) Lukács hat<br />

in seinen Erinnerungen betont, dass sein Verhältnis zu seinem Vater weitaus besser gewesen sei als das zu seiner<br />

Mutter, der es vor allem auf vollendete Umgangsformen und gesellschaftliche Repräsentation ank<strong>am</strong>. Doch<br />

Lukács hat seinem Vater so manche Kränkung nicht erspart, seine Unterstützung aber immer wieder in Anspruch<br />

genommen. Dies betraf nicht nur sein finanzielles Auskommen, sondern auch die Verbindungen von József<br />

Lukács zu Professoren wie Bernát Alexander, Lukács Bemühungen um eine Habilitation bis ins Jahr 1918 und<br />

schließlich seine Flucht aus Budapest nach dem Ende der Rätediktatur im Sommer 1919.<br />

122 Zit. nach Keller, Der junge Lukács, S. 45. Die erste Aufführung fand erst im November 1904 statt, gespielt<br />

wurden Einakter von Goethe, Courteline, Brandes und Mongré. Gespielt wurden in den Jahren zwischen 1905 und<br />

1908, der letzten Saison der Thalia, Stücke von Strindberg und Hebbel, d’Annunzio und Shaw, Lessing und Ibsen,<br />

Hauptmann, Wedekind, Gorki und vielen anderen, ein internationales Repertoire, das <strong>am</strong> Ende 35 Werke umfasste,<br />

von denen die meisten für diesen Zweck erst übersetzt werden mussten, einige davon von Lukács selbst. Bei der<br />

ersten Aufführung stand auch Balázs in einer Nebenrolle auf der Bühne. Er vertraute seinem Tagebuch an, dass er<br />

keine Begabung zum Schauspieler habe und versuchte sich nie mehr in dieser Rolle. Vgl. zur Geschichte der<br />

Thalia-Gesellschaft und ihrer Progr<strong>am</strong>matik insbesondere Keller, Der junge Lukács, S. 44-53.<br />

123 Holnap [Morgen], Nagyvárad: „Holnap“ Irodalmi, 1908.<br />

124 Zitiert nach Zsuffa, Béla Balázs, S. 32.<br />

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