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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Briefes, deutet sie noch etwas anderes an: „Máli sagt, ein Mann liebe ein Frau richtig, wenn er alles,<br />

was in ihr steckt, erkennt und liebt: ‘er muß sie aufessen bis zum letzten Bissen, mit Haut und Haar’.<br />

So ergeht es Ihnen jetzt mit Florenz, man spürt es aus dem Brief. Die Fotografien, die Herbert<br />

mitbrachte, die auf welchen Sie beide sind, ergänzen den Brief: sie zeigen eine sehr gute, vollkommen<br />

gute Stimmung.“ 90<br />

Hatte Lukács noch immer nicht bemerkt, was sich da andeutete, oder schrieb er mit Bedacht <strong>am</strong> 2.<br />

Mai vor allem über die „Arbeit“, ihre und seine? Um dann jedoch recht unvermittelt Pläne zu machen:<br />

wann er wieder komme und sie Pest verlasse (um in Nagybánya zu malen), wie es einzurichten sei,<br />

„wieder einmal länger zus<strong>am</strong>men zu sein“ 91 , dass sie nun ein Porträt von ihm malen würde, und<br />

davon, endlich ein Ort zum „bleiben“ zu finden, Pläne über seine Habilitation in Budapest und die<br />

Möglichkeit, dann wenigstens für einige Jahre ein „Zuhause“ zu haben. Irma Seidlers quälende<br />

Gedanken über das Geben und Nehmen wischt er mit betonter Leichtigkeit beiseite („Das echte<br />

Geben und Nehmen liegt also in der bloßen Tatsache des Beis<strong>am</strong>menseins, des Geltens füreinander,<br />

der Freundschaft“ 92 ). Und ebenso leichthin klingt der Schluss: „Leben Sie wohl! Schreiben Sie, wenn<br />

Sie Lust und Zeit haben, Ihrem Freund Gyuri.“ 93 Mit diesen Worten endet, noch wissen sie es nicht,<br />

ihre „Beziehung“. Wenige Tage später erhält Lukács zunächst einmal Post von Mici, seiner<br />

Schwester. Mária Lukács wusste, wie es um Irma Seidler bestellt war. Sie macht sich ihren eigenen<br />

Reim auf das, was zwischen den beiden geschieht. Und vorsichtig versucht sie Lukács davon zu<br />

überzeugen, sich für Irma zu entscheiden und nicht für seine noch nicht geschriebenen Werke, welche<br />

auch immer. 94 Zu diesem Zeitpunkt muss schon begonnen haben, was Balázs selbst im Tagebuch<br />

seine „Affaire mit Irma“ genannt hat und was sich niemals mehr rekonstruieren lassen wird.<br />

Agnes Heller schreibt lakonisch über diese letzten Tage, in denen zwischen Lukács und Irma Seidler<br />

keine Briefe mehr gewechselt wurden: „April-Mai 1911: Kurzes Verhältnis I.s mit G.s Freund H. Bei<br />

der Auflösung des Verhältnisses beruft sich H. auf die Heiligkeit der Freundschaft. I. begeht<br />

Selbstmord.“ 95 Auch Joseph Zsuffa übernimmt diese Deutung und spinnt den Faden weiter: „On the<br />

evening of May 18, Balázs suggested to Irma that perhaps they should break off their relationship,<br />

citing ‘the sancticity of friendship’ between him and Lukács as standing in the way of their continued<br />

90<br />

Ebd., S. 216.<br />

91<br />

Lukács, Briefwechsel, S. 220.<br />

92<br />

Ebd., S. 221.<br />

93<br />

Ebd., S. 222.<br />

94<br />

Siehe dazu Bendl, Lukács György élete, S. 119.<br />

95<br />

Heller, „Das Zerschellen des Lebens an der Form“, S. 62.<br />

92

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