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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Der Versuch, in dieser dichten Aufeinanderbezogenheit von Gegenstand, Material und Kritik<br />

hermeneutische Bewegungsfreiheit zu behaupten, hat es darüber hinaus erforderlich gemacht, auch<br />

die Beziehungen zwischen Text und Biographie immer wieder als symbolische Szene einer Analyse<br />

zu unterziehen, die von Alfred Lorenzers Modell tiefenhermeneutischer Kulturanalysen profitiert -<br />

ohne dass die d<strong>am</strong>it verbundenen Momente „szenischen Verstehens“, all die persönlichen<br />

Irritiationen und Verunsicherungen, die den Autor dieser Arbeit selbst über viele Jahre in einen<br />

prekären Dialog mit seinem Gegenstand versetzt haben, deshalb explizit Eingang in die vorliegende<br />

Arbeit finden sollen.<br />

Statt „form- oder ideengeschichtlicher Einsichten“ erschließt sich dem „szenischen Verstehen“<br />

zunächst, so schreibt Lorenzer, ein verwirrendes Ensemble von „Beziehungsfiguren“ 6 , die es auf ihren<br />

Sinngehalt zu dechiffrieren gilt. In den herauszukristallisierenden „Szenen“ aber ist das<br />

hermeneutische Subjekt involviert, und es erfährt mindestens ebenso viel über sich selbst wie über<br />

seinen Gegenstand. „Beide [Lorenzer meint den Interpreten eines Textes wie den Analytiker] müssen<br />

sich in ein Verhältnis zu dem, was sie verstehen wollen, einlassen, in dem sie in das angebotene<br />

Dr<strong>am</strong>a ‘einsteigen’. Das Verstehen gründet in der szenischen Anteilnahme.“ 7 In solchen „Szenen“<br />

bilden sich Entwicklungsprozesse der Persönlichkeit in der Anschauung und affirmativen Besetzung<br />

der Objektwelt ab, wie sich umgekehrt Strukturen der Beziehungs- und Dingwelt außerhalb des<br />

Subjekts in die Konstitution des werdenden Subjekts einschreiben. So entfaltet diese Arbeit eine<br />

dreifache Szene: die Initiation des Schreibenden, die Initiation desjenigen, dessen Texte hier<br />

schreibend reflektiert werden, und schließlich die Initiationsszenen, die Balázs selbst in seinen<br />

Schriften gedichtet hat.<br />

Initiationsvorgänge spiegeln einander und deuten sich gegenseitig. Für Balázs bedeutete Initiation<br />

Befreiung aus einem „falschen“ Leben. In den verschiedensten Formen hat er Anschluss an<br />

solidarische Gemeinschaften gesucht, an Geheimbünde und Parteiungen, intellektuelle und<br />

künstlerische Bündnisse. Zweimal erhoffte Balázs sich den Abschluss seiner Entwicklung durch<br />

seinen Beitritt zur Kommunistischen Partei, im Dezember 1918 in Budapest und im Sommer 1931 in<br />

Berlin. Balázs’ innere Widersprüche kulminierten zu diesem Zeitpunkt in der Realisierung seines<br />

6 Alfred Lorenzer, „Tiefenhermeneutische Kulturanalyse“, in: ders., Kultur-Analysen. Psychoanalytische Studien<br />

zur Kultur. <strong>Frankfurt</strong> <strong>am</strong> <strong>Main</strong>: Fischer Taschenbuch, 1986, S. 19.<br />

7 Ebd., S. 62.<br />

VII

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