12.12.2012 Aufrufe

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

1910 hält Lukács sich indes zumeist in Berlin auf, wo Balázs ihn über die Weihnachtstage besucht,<br />

nicht ohne gemeins<strong>am</strong> auch Georg Simmel zu treffen. Und Anfang April 1911 schließlich fährt<br />

Lukács für mehrere Monate nach Florenz.<br />

Große Zuneigung zu Edith Hajós hat inzwischen auch Irma Seidler gefasst, die Lukács Grüße für sie<br />

auf den Weg nach Florenz mitgibt. Balázs und Edith Hajós haben beschlossen, dort einige Tage mit<br />

Lukács zus<strong>am</strong>men zu verbringen: „Sagen Sie Edith,“ so schreibt Irma Seidler an Lukács, „daß ich sie<br />

liebe. Ihnen wünsche ich schöne Tage; fühlen Sie sich vom Geist der Heiligen umringt, denen zuliebe<br />

wir nach Florenz gepilgert sind.“ 82 Lukács und Irma Seidler tauschen zwischen Florenz und Budapest<br />

Briefe aus, Briefe, in denen Lukács einen leichten Ton zu treffen versucht. Aus Irmas Briefen aber<br />

spricht quälende Eins<strong>am</strong>keit („Schreiben Sie, lieber Gyurika, denn ich bin hundsallein“ 83 ). Ihr<br />

Entschluss, sich von Károly Réthy scheiden zu lassen, steht fest, und sie besprechen auch dies in<br />

ihren Briefen, die voller Zweideutigkeiten sind. Lukács’ Brief vom 18.4.1911, seine Schilderung der<br />

Tage in Florenz mit Balázs und Edith Hajós, preist vor allem das Alleinsein, die „Auffindung des<br />

Lebens, meines Lebens“ 84 , und dann heißt es: „Darum war es - bitte, versuchen Sie, mich recht zu<br />

verstehen - zutiefst und besonders schön, daß wir uns in Pest wieder trafen, und das, was zwischen<br />

uns wieder zum Leben erwacht ist, empfinde ich lediglich als einen Anfang (vieles von der<br />

Vergangenheit muß sich noch klären - drei Jahre lassen sich nicht durch vier Nachmittage<br />

wettmachen).“ 85 Lukács kündigt an, dass Balázs bald nach Budapest zurückkehren und sie treffen<br />

werde. Edith hingegen geht nach Bern um ihr Medizinstudium fortzusetzen. Irma Seidler schreibt<br />

Lukács von ihren Selbstzweifeln, ihre Malerei betreffend: „Etwas muß hier neu verstanden werden.<br />

In jeder Hinsicht.“ 86 Sie klagt darüber, daß sie nichts geben könne, ein „körperloses Gefühl“, wie sie<br />

schreibt „und auch das kann weh tun, sehr weh tun“. 87 Sie spricht von ihrer Arbeit an einem Fries für<br />

Lukács’ Schwester Mici. Und sie erzählt von ihrem Treffen mit Balázs: „Herbert las mir das<br />

Mysterium 88 vor, und auch davon war ich so überrumpelt - ich sehe, daß es furchtbar schön ist -,<br />

doch erst wenn ich es mehrmals gelesen haben werde, werde ich den Wendepunkt, den Kern, aus<br />

dem es gemacht wurde, wahrnehmen und sehen können.“ 89 Schließlich aber, schon zu Beginn des<br />

82<br />

Irma Seidler an Georg Lukács, 2.4.1911, in: Lukács, Briefwechsel, S. 210.<br />

83<br />

Irma Seidler an Georg Lukács, 16.4.1911, in: Lukács, Briefwechsel, S. 210.<br />

84<br />

Ebd., 212.<br />

85<br />

Ebd., S. 213.<br />

86<br />

Irma Seidler an Georg Lukács, 28.4.1911. Zit. nach Heller, „Das Zerschellen des Lebens an der Form“, S. 62.<br />

87<br />

Irma Seidler an Georg Lukács, 28.4.1911, in: Lukács, Briefwechsel, S. 217.<br />

88<br />

Es wird sich dabei um Balázs’ Mysteriendr<strong>am</strong>a Das Blut der heiligen Jungfrau gehandelt haben. Siehe dazu<br />

Kapitel 4.4.<br />

89 Ebd.<br />

91

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!