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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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(um „mit endgültiger Sicherheit zu wissen, wie ich zu ihr stehe“ 75 ), weist wortreich jeden „Verdacht“ 76<br />

ab, eine unklare Situation heraufzubeschwören, und hüllt seinen Hochmut in Demut: „Wenn es mir<br />

zum Guten gereichte, was sie mir Böses antat - so ist sie daran unschuldig. Daß sie noch schlechter<br />

dabei fuhr - das ist ihr Unglück. 77 Der einzige Punkt, in dem ich mich (ein bißchen) gut (im russischen<br />

Verständnis) zu ihr finde, ist mein Gefühl ihr gegenüber entgegen aller Fürchterlichkeit: The queen can<br />

do no wrong. Und jetzt möchte ich das - weil ich Egoist bin, weil ich nach den Genüssen des Lebens<br />

lechze, weiter steigern [...].“ 78 Von dieser „russischen Güte“ wird bald noch öfter die Rede sein.<br />

Nach beinahe drei Jahren trifft er Irma Seidler schließlich wieder und er bittet sie um einen Entwurf<br />

für den Einband der kommenden deutschen Ausgabe von Die Seele und die Formen. 79<br />

Um Balázs’ und Lukács ist in Budapest mittlerweile ein kleiner Kreis exzentrischer Freundschaften<br />

entstanden. 1909, nach endgültiger Trennung von Aranka Bálint, ist Balázs mit Edith Hajós 80 eine<br />

Liebesbeziehung eingegangen, die bald in Balázs’ erste Ehe münden wird. Immer wieder ist nun in<br />

Briefen und Balázs’ Tagebuch auch von Anna Lesznai die Rede, die von den Freunden Máli genannt<br />

wird. Mit der Malerin und Dichterin, die Balázs 1910 kennenlernte, verband ihn eine tiefe<br />

Freundschaft und vor allem: eine gemeins<strong>am</strong>e Liebe zu Märchen und Märchenwelten. Lukács<br />

wiederum hatte sich auch mit Edith Hajós angefreundet, eine vertrauensvolle Nähe, die alle Konflikte<br />

und gegenseitigen Verletzungen zwischen ihm und Béla Balázs überdauern wird. 81<br />

75 Ebd.<br />

76 Ebd.<br />

77 Schon <strong>am</strong> 2.6.1910 hatte er im Tagebuch Irma Seidler seine Reaktion auf Irmas Entscheidung für eine Heirat mit<br />

Károly Réthy überdacht: „Heute las ich [...] alle ihre Briefe wieder und beurteile das Beobachtete ganz anders [...]<br />

doch erkenne ich das Ausmaß, das Übermaß ihres Leids und dessen heroische Verheimlichung in der ersten Zeit;<br />

und davon, wann R. auf dem Plan erschien, habe ich heute noch keine Ahnung. [...] sie hatte das Recht; sie hatte<br />

recht; sie handelte richtig. Sie mag gegen sich selbst gesündigt haben.“ (Lukács, Tagebuch, S. 23)<br />

78 Ebd.<br />

79 Die Zeichnung befindet sich in LAK. Vgl. Lukács, Briefwechsel, S. 211. Der Entwurf findet keine Verwendung.<br />

80 Edith Hajós (1888-1975), Ärztin, Übersetzerin, Tochter eines zum Katholizismus konvertierten jüdischen<br />

Rechtsanwaltes, mit Béla Balázs verheiratet von 1913-1919, zwischen 1919 und 1949 aktiv in der kommunistischen<br />

Bewegung in Wien, Moskau, Paris und schließlich in London. Unter ihrem späteren Ehen<strong>am</strong>en Edith Bone<br />

übersetzte sie unter anderem Balázs’ letztes filmtheoretisches Werk Filmkultúra ins Englische, bis heute das<br />

einzige in englischer Sprache vorliegende Filmbuch Balázs’ (Béla Balázs, Theory of the Film. New York: Arno<br />

Press & the New York Times, 1972 [zuerst: London 1952]). Im Oktober 1949 wurde sie in Budapest verhaftet, als<br />

„britischer Spion“ verurteilt und sieben Jahre inhaftiert, bis sie 1956 endlich freigelassen wurde. Ihre Haft<br />

schilderte sie in dem Buch: Edith Bone, 7 Years’ Solitary. New York: Harcourt, Brace, 1957.<br />

81 Eine Freundschaft, die möglicherweise viel dazu beitrug, dass es zwischen beiden vorerst nicht zu einem<br />

endgültigen Bruch k<strong>am</strong>.<br />

90

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