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Portfolio Anita Reinsch<br />
Anita Reinsch<br />
»Mit anderen Augen<br />
(ge)sehen«<br />
Als ich vor mehr als 40 Jahren die Mikrofotografie<br />
und Elektronenmikroskopie<br />
an der Humboldt-Universität zu Berlin<br />
erlernte, war ich fasziniert von der ungeahnten<br />
Vielfalt und Komplexität mikroskopischer<br />
Strukturen. Das ist bis heute<br />
so geblieben.<br />
Während damals die wissenschaftliche<br />
Interpretation im Vordergrund stand,<br />
geht es mir heute um eine mehr populärwissenschaftliche<br />
Darstellung.<br />
So, wie ich bei der Natur- und Landschaftsfotografie<br />
das Licht, die Farben,<br />
den Horizont, die Weite liebe, so überrascht<br />
und erstaunt mich in der Mikrowelt<br />
immer wieder das Detail.<br />
Es ist unglaublich, mit welcher Raffinesse<br />
Pflanzen und Organismen noch<br />
im Nanobereich ausgestattet sind, ständig<br />
entdecke ich neue Strukturen und<br />
Formen.<br />
Unsichtbares ist plötzlich erkennbar,<br />
Kleines wird groß und Ungeahntes Realität.<br />
Mein Untersuchungsmaterial entnehme<br />
ich der Natur- das sind zumeist kleinste<br />
Pflanzenteile und Insekten.<br />
Nach der Entwässerung werden diese<br />
im Vakuum mit einer ca. 7nm starken<br />
Schicht von Gold/Palladium bedampft.<br />
Diese Oberflächenveredlung dient im<br />
Rasterelektronenmikroskop als Elektronenspender.<br />
Die reflektierten Elektronen<br />
werden von verschiedenen Detektoren<br />
»eingefangen« und ergeben verschiedene<br />
Helligkeitswerte. Wie bei einem<br />
Scanner wird so die Oberfläche Punkt<br />
für Punkt und Zeile für Zeile gerastert<br />
und es entsteht ein Bild in schwarzweiß.<br />
Mit einer eingebauten Kamera fotografiere<br />
ich die für mich interessanten<br />
Bereiche.<br />
Dabei geht es mir nicht um die naturgetreue<br />
Abbildung der Objekte, sondern<br />
vielmehr um die ästhetisch- künstlerische<br />
Aufarbeitung.<br />
80 <strong>brennpunkt</strong> 4/<strong>2012</strong><br />
© Anita Reinsch, »Grasblüte«, ca. 250fache Vergrößerung<br />
Es ist, wie in der von mir bevorzugten<br />
Natur- und Landschaftsfotografie<br />
eine ganz und gar subjektive Entscheidung<br />
und hat keinen wissenschaftlichen<br />
Anspruch.<br />
Am Computer finde ich den richtigen<br />
Bildausschnitt, füge Farben hinzu und<br />
erstelle gegebenenfalls Composings aus<br />
verschiedenen Elementen.<br />
Meine Intention ist, dass ich mit diesen<br />
Bildern dem interessierten Laien Einblick<br />
geben möchte in eine ganz und gar<br />
unglaubliche bizarre und im wahrsten<br />
Sinne des Wortes Wunder-volle Mikrowelt.<br />
Denn »der Fortgang der wissenschaftlichen<br />
Entwicklung ist im Endeffekt eine<br />
ständige Flucht vor dem Staunen«, wie<br />
Albert Einstein es bezeichnete.<br />
Die Umsetzung des im Mikroskop Gesehenen<br />
zum Bild, ist für mich eine kreativer<br />
Prozess, in den optische, ästhetische<br />
und künstlerische Qualitäten<br />
meines Sujets, der Fotografie, eingehen.<br />
So betrachte ich die Bilder als Gesamtkunstwerk<br />
und wünsche mir, dass sie<br />
beim Betrachter Erstaunen, Phantasie<br />
und Nachdenken auslösen.<br />
Nachdenken und Staunen über die Einzigartigkeit<br />
aber auch Verletzbarkeit der<br />
uns umgebenden Natur mit dem Ziel<br />
einer nachhaltigen Bewahrung.<br />
Anita Reinsch<br />
1944 in Oranienburg geboren<br />
1966-1976 wissenschaftliche Mikrofotografie<br />
und Elektronenmikroskopie<br />
1970-1989 analoge schwarz/weiß-Fotografie<br />
mit eigener Dunkelkammer<br />
1990 digitale Fotografie- bevorzugt in<br />
Farbe<br />
2004 Freischaffende Fotografin mit<br />
Schwerpunkt Natur- und Landschaftsfotografie<br />
2011 Back to the roots: rasterelektronenmikrokopische<br />
Aufnahmen<br />
<strong>2012</strong> Mitglied der Photographen Lounge<br />
Potsdam<br />
Mit beeindruckenden Bildern zeigt<br />
sie die Schönheit und außerordentliche<br />
Vielfalt pflanzlicher und tierischer<br />
Ultrastrukturen.<br />
Als nunmehr freischaffende Fotografin<br />
steht nicht mehr die wissenschaftliche<br />
Interpretation sondern vielmehr die<br />
künstlerische und ästhetische Aufarbeitung<br />
im Vordergrund.<br />
Dem Direktor des Leibniz Instituts für<br />
Zoo- und Wildtierforschung, Herrn Prof.<br />
Hofer, danke ich für die Möglichkeit der<br />
Nutzung des<br />
Rasterelektronenmikroskop»Supra<br />
40VP der Firma Zeiss« und Frau Dagmar<br />
Viertel für technische Assistenz.<br />
www.anita-reinsch.de