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Galerien<br />
»frei im AUFTRAG«<br />
Die DDR-<br />
Fotojournalisten<br />
Eberhard Klöppel und<br />
Peter Leske<br />
Um es gleich vorwegzunehmen, das<br />
Werk der beiden Fotografen Klöppel<br />
und Leske wird nicht geeignet sein, die<br />
Unterschiede zwischen dem »Offiziellem<br />
Blick« und der »Freien künstlerischen<br />
Fotografie« in der DDR- sichtbar<br />
zu machen.<br />
»frei im AUFTRAG«; frei- klein geschrieben,<br />
AUFTRAG in großen Lettern ; so die<br />
selbstgewählte Überschrift der beiden<br />
Fotografen Eberhard Klöppel und Peter<br />
Leske, die in ebendieser hintergründig<br />
lesbaren Andeutung als Verweis auf ihre<br />
Werke gelten kann. Susan Sonntag teilte<br />
in ihren großartigen Essays die Fotografen<br />
in zwei Typen ein: in Wissenschaftler<br />
und in Moralisten. Für Leske und Klöppel<br />
taugen diese Kategorien eher als<br />
zarte Überschneidungspunkte innerhalb<br />
völlig anders gerichteter Intensionen. Es<br />
geht den beiden Künstlern vielmehr um<br />
jene Zwischenreiche der Einfühlung, um<br />
eine emphatische Bestandsaufnahme<br />
der Welt, die weder dazu geeignet ist,<br />
eine wissenschaftliche Analyse, quasi<br />
als fotografisches Resultat vorzuweisen,<br />
noch ethisch sittliche Grundsätze<br />
einer Menschengesellschaft zu registrieren<br />
oder zu werten. Statt dessen treten<br />
die Künstler eher zurück und überlassen<br />
es den prosaischen Bildobjekten,<br />
von ihren Befindlichkeiten, Verhältnissen,<br />
Situationen zu erzählen. Wie durch<br />
Zauberhand scheint alles vertraut und<br />
doch irritierend anders. Genauer vielleicht.<br />
Schwarz, Weiß, Grautöne, Struktur,<br />
Strenge, Ruhe und Bewegung, Mittelpunkte,<br />
Anschnitte, Ränder, Licht und<br />
Schatten. Diese Stille hat oft eine geradezu<br />
beunruhigende Dimension. Sie<br />
resultiert nicht aus im Verlauf unserer<br />
bewegten Welt angehaltenen Zeit. Eher<br />
ist alles präzise abgewogen und nach<br />
eingehender Betrachtung als scheinbar<br />
Beiläufiges ins Bild gesetzt. Der freudige<br />
50 <strong>brennpunkt</strong> 4/<strong>2012</strong><br />
© Eberhard Klöppel, »Bergleute«, 1987<br />
Schreck beim Entdecken, immer wieder<br />
aufs Neue. Traumhafte Kompositionen,<br />
in der die Zeit ebenso flüchtig leicht,<br />
wie für die Gültigkeit einer Ewigkeit eingeschrieben<br />
zu sein scheint. Zeit; verkürzt,<br />
verwandelt und doch dokumentiert.<br />
Dabei richtet sich die Konzentration<br />
weniger auf die konkret festzumachende<br />
Botschaft, als auf die Formulierung<br />
des Nichtsagbaren. Jene Empfindsamkeit<br />
scheint auf, die letztlich ein Bild<br />
der Anmutung zeichnet. Die Arbeit der<br />
beiden Fotografen besteht darin, das<br />
innere Erleben, das sich dann in Fluss<br />
setzt, wenn es ihren Nerv trifft ,in sich<br />
aufzunehmen und den Punkt zu treffen,<br />
der ihrer Wahrheit am ehesten entgegenkommt.<br />
Nur das Oberflächliche<br />
kommt nicht in Frage- zu sorgfältig die<br />
Vorbereitung, zu feingeistig das Anliegen,<br />
zu groß die Lust hinter die Dinge<br />
zu sehen, zu ernst deren Auffassung von<br />
Kunst. Kein Effekt, kein Voyeurismus,<br />
nichts Spektakuläres. Was sie hochhalten,<br />
ist der Respekt vor den Dingen, die<br />
Neugier auf Menschen, deren Würde<br />
ihnen am Herzen liegt in ihren Welten,<br />
das Nebeneinander von Glück und<br />
Beklemmung, Vergänglichem und möglichem<br />
Erhalt. Anteil nehmen.<br />
Das Werk von Peter Leske und Eberhard<br />
Klöppel weist eine große mentale Nähe<br />
zueinander auf, weil sie die Dinge ähnlich<br />
sehen. Der riesige Fundus, aus dem<br />
sie ihre künstlerischen Register ziehen<br />
© Eberhard Klöppel, »Fasching«<br />
ist von gleichem Urgrund. Nur je nach<br />
Gewichtung ihrer Gestaltungsintensionen<br />
und der eigenen Themenstellung<br />
können diese differenzieren. Wenn<br />
in den Arbeiten von Peter Leske dem<br />
Pathos zugesetzt werden soll: »Meine<br />
Hand für mein Produkt«, und die Parole<br />
geradezu absurd sprichwörtlich den<br />
Verlust des Schwur- oder Zeigefingers<br />
ins Licht setzt – so gesehen, nicht bei der<br />
fleißigen Arbeit, sondern überdimensional<br />
bei einem ´weiß der Teufel´ aus<br />
welchem Anlass geführten Zwei- Händespiel,<br />
dann wird die scharfe Ironie<br />
sofort und eindeutig lesbar, ohne das die<br />
Indizien sich dafür nachweisen ließen.<br />
Marx auf dem Kopf – verkehrt herum,<br />
auf einem Plakat, ausgerollt von einer<br />
Arbeiterin, die wohl damit betraut war.<br />
Ein vorgeblicher Schnappschuss; zum<br />
Schreien komisch, in Zeiten, in denen<br />
man damit nicht spaßt. Und doch<br />
wurde das Foto veröffentlicht – sozusagen<br />
aus Versehen. Das trickreiche Spiel<br />
beherrscht- als kleiner Triumph, der der<br />
Seele befreiend gut tat.<br />
Eberhard Klöppel kriegt jede Monumentalität<br />
klein, wenn er die formalen<br />
Über- und Unterspannungen der Komposition<br />
im Bild regieren lässt. Bildbeherrschend<br />
das Thälmanndenkmal zum<br />
Beispiel, davor wie Ameisen die Personen,<br />
von hinten in kleinster Dreieinigkeit<br />
in Demutsgeste gebeugt und deshalb<br />
noch einmal kleiner. Die Kumpel<br />
im Schacht, der Aufzug etwas aus der<br />
Mitte gerückt, lässt uns im Unklaren darüber,<br />
ob derselbe sich nach oben oder<br />
nach unten bewegt. Die Wahrnehmung<br />
spielt uns den Streich, als ob sich ein<br />
Hoch und Runter beständig – wie im<br />
Comic abspielt. Die Fracht – zwei, auf<br />
engsten Raum gedrängte, ernsthaft und<br />
niedergeschlagenen Auges blickende<br />
Mannspersonen mit Helm, die offenbar